Die Pandemie stellt auch die Rechtsordnung vor neue Herausforderungen
Aus Anlass der Corona-Krise hat es einige gesetzliche Änderungen gegeben, die finanziell für Familien interessant sind:
Für Unterhaltsberechnungen relevant:
2022:
Änderung des steuerlichen Grundfreibetrags durch Steuerentlastungsgesetz 2022
Der steuerliche Grundfreibetrag (§ 32a I S. 1 EStG) wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 (v. 23.5.2022, BGBl I 749) rückwirkend ab 1.1.2022 geändert. Dies zieht zahlreiche Änderungen nach sich, die sich auch auf das Unterhaltsrecht auswirken.
Statt bis zu 9.984 € sind nun 10.347 € p.a. steuerfrei (363 € mehr). Der Arbeitgeber muss die Lohnabrechnungen für die Vergangenheit neu erstellen und die Differenz nachzahlen.
Damit einher geht auch die Erhöhung des Unterhaltsabzugsbetrags als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a EStG, sofern kein begrenztes Realsplitting geltend gemacht wird. Aufgrund des fehlenden Korrespondenzprinzips sind die Abzugsvoraussetzungen jedoch enger.
Nach einem Beschluss eines Familienrichters aus Weimar sollen alle an zwei Schulen in Weimar unterrichteten Kinder keine Masken tragen, keine Abstände einhalten und nicht an Schnelltests teilnehmen (Beschl. v. 08.04.2021, Az. 9 F 148/21). Der Beschluss wurde von den "Querdenkern" gefeiert und als Vorlage für gleichlautende "Kinderschutz"-Anträge im Internet verteilt, bei den Familiengerichten geht eine bemerkenswerte Zahl solcher Anträge ein.
Das AG Hannover hat eine Pressemitteilung veröffentlicht:
(...)
Verfahren wegen Kindeswohlgefährdungen wurden aufgrund dieser Anregungen durch das
Familiengericht jedoch nicht eingeleitet.
Nach Auffassung der Richterinnen und Richter des Familiengerichts des Amtsgerichts Hannover ist eine konkrete Kindeswohlgefährdung i. S. v. § 1666 BGB nicht ersichtlich, so dass das Gericht eine Notwendigkeit für familiengerichtliche Maßnahmen nicht zu erkennen vermochte. Unabhängig von der Frage, ob eine Zuständigkeit des Familiengerichts überhaupt gegeben ist, sind jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Kindeswohlgefährdung ersichtlich, welche familiengerichtliche Maßnahmen erforderlich machen könnten. Für die Überprüfung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen ist das Familiengericht nicht zuständig.
Mehr dazu hier.
Bei mir sind nun auch schon etliche Anfragen eingegangen, ob ich diese Eltern beim Familiengericht vertrete.
Sie können von weiteren Anfragen absehen, denn ich lehne diese Mandate ab.
Das BVerwG hat klargestellt:
Für die Entscheidung über Anordnungen gegenüber einer Schule gemäß § 1666 Abs. 1 und 4 BGB wegen dort geltender Corona-Schutzmaßnahmen verbleibt es bei der Zuständigkeit der Amtsgerichte/Familiengerichte
Die Verweisung eines solchen Verfahrens an ein Verwaltungsgericht ist ausnahmsweise wegen eines groben Verfahrensverstoßes nicht bindend.
BVerwG 6 AV 1.21 - Beschluss vom 16. Juni 2021