Trennung Scheidung Familienrecht

Frisch getrennt

Erste Hilfe nach der Trennung
Anwalt - Trennungsjahr - Kinder - Umzug - Mietwohnung - Hauseigentum - Konto - Auto - Schulden - Steuern

Frisch getrennt und
viele Fragen

Sie sind hier gelandet, weil sie sich über die Folgen einer möglichen Trennung klar werden wollen. Vielleicht geht der Trennungswunsch von Ihnen aus, vielleicht hat Ihr Partner Sie überraschend damit konfrontiert.
Ihnen rauscht der Kopf von allem, was bedacht werden muss.
Finden sie hier Ihren Einstieg.

Erklärvideo zum Trennungsdatum
  • Braucht man sofort einen Anwalt?

    Wenn Sie mich fragen: Aber ja!

    Unbedingt und unverzüglich sollten Sie anwaltlichen Rat suchen  - welche Antwort hätten Sie sonst von der Homepage einer Anwaltskanzlei erwartet?


    Zu oft finde ich einen Scherbenhaufen vor, den auch der beste Anwalt nicht mehr kitten kann - rechtzeitige Beratung hätte Schaden verhütet.


    Ich will Ihnen aber gern erklären, warum und wozu.

    Es geht dabei gar nicht darum, Ihren Expartner durch das Einschalten eines Anwaltes zu überrumpeln, zu verunsichern, "über den Tisch zu ziehen" oder den Konflikt eskalieren zu lassen. Stattdessen ist es wichtig, daß Sie sich umfassend informieren und Ihre Rechte kennen. 

    Nur wenn Sie Ihre Rechte kennen, dann wissen Sie, auf was Sie möglicherweise verzichten.

    Unterhalt können Sie beispielsweise nie rückwirkend bekommen, wenn sie keinen "Verzug" auslösen.


    Allgemein informieren können Sie sich zunächst auf dieser Website. Sie können sich individuell bei mir persönlich oder per email beraten lassen, ohne dass Ihr Expartner davon wissen muss. 

    Ob und wann Sie mich danach weitere Schritte einleiten lassen, das entscheiden ganz alleine Sie.


    Im Idealfall nutzt man das "Trennungsjahr" zu Verhandlungen miteinander über die wirtschaftlichen Scheidungsfolgesachen: Auflösung von Miteigentum und Schulden, Nutzung eines Eigenheimes, Hausrat, Unterhalt, Rentenausgleich, Vermögensaufteilung, Sorge- und Umgangsrecht. 


    Gelingt dies, so ist die Scheidung als solche tatsächlich nur noch ein formaler Akt - eine sogenannte "einverständliche“ oder „unstreitige“ Scheidung. 

    Diese ist entsprechend preiswerter und geht schneller.


  • Gemeinsame Beratung bei einem Rechtsanwalt möglich?

    Viele Ehegatten haben nach der Trennung den Wunsch, eine friedliche Lösung zu finden. Sie befürchten, dass die beiderseitige anwaltliche Beratung oder Vertretung einen Konflikt erzeugt oder aufputscht. Eine Lösung sehen sie im gemeinsamen Anwaltsbesuch. 


    Gerade wenn eine Trennungsfolgenvereinbarung das Ziel ist, erscheint der "gemeinsame Anwalt" als passende Methode. Dem ist aber nicht so.


    Dem liegen nämlich Mißverständnisse zugrunde. Viele Mandanten denken, der Anwalt könnte nach Abwägung der beiderseitigen Argumente den einen richtigen Rechtsrat geben. 


    Wenn er das täte, wäre er aber nicht Anwalt, sondern Entscheider, also Schiedsrichter. Das widerspricht dem Berufsbild des Anwaltes. 


    Anwälte sind Parteivertreter. Ihre Aufgabe besteht darin, den Mandanten so zu beraten, dass er das für sich wirtschaftlich günstigste Ergebnis erzielen könnte. Ob der Mandant das dann durchsetzen möchte oder ob er Argumente seines Gegners vorwegnimmt, berücksichtigt und ihm entgegenkommt, entscheidet der Mandant, nicht der Anwalt. 


    Weil das so ist, ist eine gemeinsame Beratung von Ehegatten in einer Interessenkollision nicht nur unbrauchbar, sondern aus gutem Grund verboten


    Ein Anwalt, der das nicht genau nimmt, macht sich des Parteiverrats strafbar und riskiert seine Zulassung. 


    Bitte erscheinen Sie also zur Erstberatung bei mir nicht unabgesprochen zu zweit. 


    Nach der Erstberatung können wir gern den anderen Partner einbeziehen und ein Gespräch führen. Es muss dem Anderen aber klar sein, wessen "Lied ich singe".


    Vielleicht passen Ihre Vorstellungen von unserer Zusammenarbeit auch besser in eine Mediation?

  • Braucht man das Trennungsjahr?

    Ja, das Trennungsjahr ist in fast allen Fällen unverzichtbar. Man kann sich auch nicht legal auf eine Abkürzung einigen.


    Die Angabe eines falschen Datums kann ungeahnte Folgen haben – z. B.

    •     Entfallen des gesetzlichen Erbrechts,
    •     Verkürzung des Versorgungsausgleich,
    •     ein früherer Stichtag für den Zugewinnausgleich,
    •     Widerruf der Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren, wenn die falschen Angaben auffallen,
    •     Nachzahlung von Steuern,
    •     Das Anfallen der Spekulationssteuer für den nicht mehr im Haus lebenden Ehegatten bei Verkauf des Hauses,
    •     strafrechtliche Konsequenzen wegen einer falschen Angabe gegenüber dem Gericht.

    Das bedeutet: Wenn man sich dazu verabredet, beim Scheidungsrichter falsche Angaben zum Trennungszeitpunkt zu machen, um schneller geschieden zu werden, ist das strafbarer Prozeßbetrug - wenn es herauskommt. 


    Gefährlich sind insbesondere unterschiedliche Angaben beim Finanzamt und beim Scheidungsantrag, weil man bis zuletzt noch steuerlich zusammenveranlagt werden möchte.


    Das Trennungsjahr ist eine der Voraussetzungen für einen Scheidungsantrag. Es beginnt, wenn die Ehegatten wirklich „von Tisch und Bett“ getrennt leben, und dauert zwölf Monate. Es beginnt nicht, wenn die Eheleute zwar ihre Krise wahrnehmen, aber noch ein gemeinsames Ehe- oder Familienleben führen (insbesondere Haushaltsführung füreinander).


    Das OLG Zweibrücken hat am 07.11.2008 (2 UF 102/08) klargestellt, dass sich das Getrenntleben nicht durch fehlenden ehelichen Sex definiert:


    "Soweit das Familiengericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Parteien schon seit 9 Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander hatten, sieht dies der Senat nicht als entscheidendes Indiz für das Scheitern der Ehe an. Es gibt mannigfaltige Gründe, weshalb Ehepaare nach längerer Zeit des Zusammenlebens – mehr oder minder einvernehmlich – davon absehen, geschlechtlich miteinander zu verkehren; eine harmonische Lebensgemeinschaft mit gegenseitiger Verantwortung füreinander bedarf nicht unbedingt eines aktiven Sexuallebens."

    Zu freundlich gechattet = nicht getrennt


    Das KG Berlin hat im Beschluss vom 13.12.2018 (13 UF 155/17) ein Getrenntleben verneint, obwohl die Eheleute seit Jahren getrennte Wohnungen hatten und jeder auch einen neuen Partner. 


    Das ist zwar objektiv das Aufgeben der häuslichen gemeinschaft, reicht aber nicht. Gegen die "subjektive Seite", also den Willen zur Endgültigkeit, sprach für das KG Berlin ein jahrelanger Schwebezustand, was die Unterhaltsregelung anging (der Mann überwies weiter Haushaltsgeld auf ein gemeinsames Konto und bediente auch Fixkosten wie Telefonverträge, außerdem war die Kindergeldzuordnung nicht geändert worden), gemeinsame Familienfeiern mit den vier Kindern und ein intensiver SMS-Austausch auch über Alltäglichkeiten.


    Man lerne daraus: Besser zeitnah alles rechtlich regeln, sonst kann man später die Trennung nicht beweisen, wenn man zu freundlich miteinander umging.


    Auch vor dem AG Aachen habe ich noch im Jahr 2017 erlebt, dass eine Familienrichterin den Scheidungsantrag des Mannes abgelehnt hat, weil die Eheleute zwar seit über einem Jahr in getrennten Wohnungen mit 800 km Abstand lebten, der Anlass für den Wegzug des Mannes aber beruflich gewesen war und sich der "Trennungswille" anhand etlicher Versöhnungsbemühungen seinerseits und Bitten um den Nachzug der Frau erst durch Einreichung der Scheidung objektiv manifestierte. (AG Aachen 228 F 292/17)


    Das legale Abkürzen des Trennungsjahres wegen besonderer Härte ist ein Ausnahmefall, der deutlich seltener vorliegt, als sich scheidungswillige Mandanten das vorstellen. 


    Die „üblichen Reibereien“ bei Auflösung der Beziehung reichen jedenfalls nicht für die Anwendung des § 1565 Abs. 2 BGB. Dafür muss die Fortsetzung der Ehe für einen Ehegatten aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen.


    Ob eine solche „unzumutbare Härte“ vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalles. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat dies in einem Fall bejaht und damit die durch das Amtsgericht ausgesprochene Ehescheidung bestätigt.


    Die Eheleute waren 26 Jahre lang verheiratet. Die erwachsenen Kinder hatten vor Gericht ausgesagt, ihr Vater habe sich wie ein „Pascha“ benommen. Er sei häufig sehr aggressiv und gewalttätig gewesen. Zuletzt sei es im September vergangenen Jahres zu einem Vorfall gekommen, in der er die Mutter heftig geschüttelt und gröbst beleidigt habe. Die Mutter habe einen Krisenanfall bekommen und habe mit dem Rettungswagen abgeholt werden müssen.


    Der Senat sah hierin eine „unzumutbare Härte“. Es sei typisch für Gewalttätigkeiten in der Ehe, dass jahrelang Demütigungen ausgehalten würden, bis es zu einem Punkt komme, wo dies nicht mehr gelinge. Die Ehefrau habe dies überzeugend geschildert und sich als „psychisch kaputt“ beschrieben. Der Ehemann könne auch nicht damit gehört werden, dass die groben und tief verletzenden Beleidigungen vor Gericht verfälschend übersetzt worden seien und eine „kulturelle Übersetzung“ erforderlich sei. Es sei hinreichend deutlich geworden, wie schwer die Beleidigungen die Kinder und die Ehefrau getroffen hätten.


    Der Ehemann habe durch sein Verhalten die Grundlage eines weiteren Zusammenlebens der Eheleute zerstört. Der Ehefrau sei ein Festhalten an der Ehe während des Trennungsjahres nicht zuzumuten.


    Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 4 UF 44/18, Hinweisbeschluss vom 26.04.2018


    Die Entscheidung ist insofern überraschend, als bisher in der Rechtsprechung darauf abgestellt wurde, dass es ja genüge, wenn dem unzumutbaren Verhalten des Partners durch die räumliche Trennung ein Ende gesetzt werden könne.


  • Wer muss ausziehen?

    Bei einer intakten Ehe gibt es nur wenige Vorschriften, die das Zusammenleben regeln und das ist sicherlich auch gut so.


    Andererseits führt dies dazu, dass der Gesetzgeber die Eheleute im Zeitpunkt der beabsichtigten Trennung noch weitgehend alleine lässt. Insbesondere in der am Anfang wichtigsten Frage, wer denn nun in der Wohnung bleiben kann und wer aus der Wohnung ausziehen muß, gibt das Recht wenig her. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, in denen eine gerichtliche Entscheidung auf Zuweisung der Wohnung an einen Ehepartner erfolgt, die sogenannte Härteklausel §1361b BGB - dazu unten mehr.


    Handelt es sich um "normale" Ehestreitigkeiten, nicht um Gewalt, so kann der erste Schritt zur Trennung innerhalb einer Wohnung erfolgen. Allerdings sind die Maßstäbe an die formelle Trennung (wenn die Zeit für das "Trennungsjahr" benötigt wird) sehr hoch: Die Trennung von Tisch und Bett genügt nicht. Gemeinsames Wäschewaschen und andere "Versorgungsleistungen" sind tabu.


    Die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung wird aber selten als Entspannung der Ehekrise empfunden. Dann muß also doch einer freiwillig ausziehen, das wird oftmals derjenige sein, der die Trennung betreibt, wenn man sich nicht anderweitig einigt.


    Kann das Gericht die Wohnung einem Ehegatten zuweisen?


    Einen besonderen Härtegrund nennt das BGB seit Einführung des Gewaltschutzgesetzes am 1.1.2002. Nach der Regel "Der Täter geht, das Opfer bleibt" soll eine Wohnungszuweisung an den Ehegatten erfolgen, der Opfer von körperlichen Misshandlungen oder Bedrohungen geworden ist.


    Das Gericht weist einem Ehegatten die Wohnung allein zu, wenn eine andere Lösung für den Antrag stellenden Ehepartner unzumutbar wäre (eine "unbillige Härte").


    Häufige Fälle sind:

    • Gewalttätigkeiten (auch ernsthafte Drohung)

    • ständiges Randalieren und anderes grobes und unbeherrschtes Verhalten, auch im Zusammenhang mit Drogen oder Alkohol


    Fälle, in denen Gewalt eine Rolle spielt, beginnen oft mit einem Polizeieinsatz. In Nordrhein-Westfalen kann die Polizei nach § 34 a des Polizeigesetzes jemanden vorläufig aus der Wohnung weisen, wenn er gewalttätig geworden ist. Diese Anordnung gilt für bis zu 10 Tagen. Binnen dieser Frist sollte dann der Wohnungszuweisungsantrag beim Familiengericht gestellt werden. Sie verlängert sich auf bis zu 20 Tage, wenn das Opfer die gerichtliche Wohnungszuweisung beantragt.


    Über diese Fälle mit Gewalt hinaus kann das Familiengericht einem Ehepartner auf Antrag die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen, soweit dies notwendig ist, eine schwere Härte zu vermeiden. Dies ist üblicherweise gegeben, wenn ein Getrenntleben innerhalb der Wohnung unzumutbar ist. Die Zuweisung muss auch unter der Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten dringend erforderlich sein, um eine unerträgliche Belastung für den Ehegatten abzuwenden. Trennungstypische Unannehmlichkeiten und Belästigungen sind hierfür nicht ausreichend. In jedem Fall ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen. Die Interessen der Kinder werden vom Jugendamt ermittelt und besonders berücksichtigt.


  • Miete nach Trennung

    Eheleute mieten zusammen eine Wohnung, einer zieht aus. Wer schuldet nun die Miete? Wie und wann man sich beteiligen muss, hat das OLG Köln zusammengefasst.


    Im „Aussenverhältnis“ – also zum Vermieter – ist und bleibt man Gesamtschuldner, so lange das Mietverhältnis unverändert / ungekündigt besteht. Den Vermieter muss nicht interessieren, dass seine Mieter sich getrennt haben. Er kann die ganze Miete von dem einen oder anderen fordern, sogar vom Ausgezogenen – was für ihn dann interessant ist, wenn der verbliebene Mieter nicht zahlt und kein pfändbares Einkommen hat.


    Es gibt im „Innenverhältnis“ die Grundregel des § 426 Abs. 1 BGB auf, so dass die Miete hälftig zu tragen ist. 


    Die Nutzungen aus dem Dauerschuldverhältnis zieht aber nach der Trennung nur noch der in der Ehewohnung verbliebene Partner. Da dieser die Möglichkeit hätte, eine andere Wohnung zu mieten (an deren Kosten sich der Ehegatte ebenfalls nicht beteiligen müsste), muss für die fortlaufende Nutzung der Ehewohnung nach Trennung gleiches – also die Kostentragung nur durch den Nutzer – gelten.


    Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einem – selbst gewünschten – sofortigen Verlassen der Ehewohnung die gegenüber dem Vermieter zu beachtende Kündigungsfrist entgegensteht. Der in der Wohnung verbleibende Partner ist daher auch bei eigenem Auszugswunsch aus wirtschaftlichen Gründen gehalten, die vormalige Ehewohnung bis zur Kündigung weiter zu nutzen. Leerstand ist ja noch ungünstiger. In diesem Fall einer "aufgezwungenen" Wohnung gilt, dass dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten zunächst eine Überlegensfrist zur Fortführung der Wohnung zugebilligt wird, die gemeinhin mit etwa drei Monaten bemessen wird. 


    Entscheidet er sich dann dafür, die Wohnung gemeinsam mit dem ausgezogenen Ehegatten zu kündigen, so ist der ausgezogene Ehegatte für die gesamte Restdauer der Mietzeit – und zwar einschließlich der Überlegenszeit – an den Mietkosten beteiligt, jedoch mit der Maßgabe, dass dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten vorab derjenige Teil der Miete für die gemeinsame Wohnung allein zuzurechnen ist, den er als Miete für die Nutzung einer anderweitigen, allein angemieteten Wohnung fiktiv erspart. Nur der überschießende Teil ist hälftig von dem anderen, aus der Ehewohnung bereits ausgezogenen Ehegatten zu tragen 5.



    Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 12.07.2018 - 10 UF 16/18

  • Zuweisung einer Mietwohnung

    In den meisten Fällen wird die Frage, wer die Ehewohnung behält und wer auszieht, bei Trennung getroffen und nicht erst bei Scheidung. 


    Das OLG Brandenburg hatte einen Fall, bei dem die Eheleute die gesamte Trennungszeit gemeinsam-getrennt  in der Ehewohnung verbrachten.


    Die Ehefrau hatte in der Mietwohnung ursprünglich allein gewohnt, also den Mietvertrag auch alleine unterschrieben. Der Mann war 7 Jahre später dazugezogen, der Vertrag wurde nicht angepasst. 


    An der Wohnung war sehr attraktiv, dass sie sehr günstig war. Beide Ehegatten hatten bescheidene Einkommensverhältnisse, wollten sie daher allein behalten und begründeten dies mit ihrer „Verbundenheit zur Wohnung“, den Nützlichkeiten der Lage usw. Der Mann führte zudem auf, die Frau könne auch bei ihrem neuen Freund wohnen, bei dem sie sich sowieso häufig aufhalte. 


    Von der Trennung im Mai 2019 lebten die Ehegatten in der Wohnung getrennt, im April 2021 waren sie geschieden worden - bis das OLG entschied: Ende Januar 2022 muss der Mann ausgezogen sein.


    Nach § 1568a Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass der andere ihm die Ehewohnung anlässlich der Scheidung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder wenn die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

    Ist das Kindeswohl nicht ausschlaggebend, weil - wie hier - keine Kinder mehr in der Ehewohnung leben, kommt es in einer Gesamtabwägung aller Umstände, die die Lebensverhältnisse der Ehegatten bestimmen, darauf an, ob der antragstellende Ehegatte in stärkerem Maße als der andere auf die Ehewohnung angewiesen ist. Bei der Gesamtabwägung sind, immer unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles in der Regel Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, der Umstand, dass ein Ehegatte die Wohnung schon vor der Eheschließung bewohnt hat, die Frage, welcher Ehegatte stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist oder eher eine geeignete Ersatzwohnung finden kann und allgemein auch die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz oder die Verbindung mit Geschäftsräumen, Eigenleistungen, die ein Ehegatte zum Aufbau der Wohnung erbracht hat, und auch die Aufnahme eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen zu berücksichtigen.

    Im Hinblick auf die Frage, welcher der geschiedenen Ehegatten in stärkerem Maß auf die Wohnung angewiesen ist, ist es irrelevant, wem welches Fehlverhalten gegen den anderen vorgeworfen werden kann.


    Ein Argument war hier, dass die Frau in der Nähe der Wohnung (4 km) arbeitete, während der Mann arbeitslos war – er sei mit der Arbeitssuche nicht auf die Umgebung der Wohnung beschränkt. Als zweites Argument für die Frau diente, dass sie die Wohnung ursprünglich bewohnt hatte.

    Dass sie Alleinmieterin war, war kein wesentlicher Gesichtspunkt.


    OLG Brandenburg - Beschluss vom 16.11.2021 -13 UF 73/21

  • Anspruch auf Entlassung aus dem Mietverhältnis?

    OLG Hamm: Anspruch auf Entlassung aus dem Mietverhältnis


    Überlässt ein Ehegatte nach der Trennung die gemeinsam bewohnte Mietwohnung dem anderen Ehegatten zur alleinigen Nutzung, kann er bereits während der Trennung und nicht erst nach der Scheidung verlangen, dass der in der Wohnung verbleibende Ehegatte an der gegenüber dem Vermieter abzugebenden Erklärung zur Entlassung aus dem Mietvertrag mitwirkt. Das hat das OLG Hamm entschieden. 


    Der Fall:

    Die in Dortmund lebenden Eheleute sind seit September 2015 rechtskräftig geschieden. Aus der 2011 gemeinsam gemieteten Wohnung zog der 1972 geborene Ehemann nach der endgültigen Trennung der Beteiligten im September 2013 aus und überließ diese der 1969 geborenen Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern. Im Januar 2015 stellte der Ehemann klar, dass er mit der Rechtskraft der Scheidung aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollte und forderte die Ehefrau auf, eine dies bewirkende, gemeinsame Erklärung beider Eheleute dem Vermieter gegenüber abzugeben. 


    Die Ehefrau erklärte darauf hin, die Erklärung erst abgeben zu wollen, wenn geklärt sei, in welchem Umfang der Ehemann an Renovierungsarbeiten wegen eines beschädigten Bodens und an Nebenkostennachzahlungen zu beteiligen sei. Erst im Oktober 2015 hat sie die gewünschte Erklärung abgegeben, so dass das OLG Hamm - nach eingetretener Erledigung des ursprünglichen Begehrens des Ehemanns - noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden hatte.


    Wesentliche Entscheidungsgründe


    Nach § 1568a BGB wird das Mietverhältnis nach der rechtskräftigen Scheidung nur mit dem Ehegatten fortgesetzt, der in der Wohnung bleibt. Der andere, der ausgezogen ist, soll dann keine Miete mehr zahlen und dem Vermieter auch nicht mehr für Mietausfälle haften müssen.


    Die Kostenentscheidung ist zum Nachteil der Ehefrau ergangen. Der Ehemann habe ihre Mitwirkung an der gemeinsamen Erklärung gegenüber dem Vermieter zu seiner Entlassung aus dem Mietverhältnis, schon während der Trennung verlangen können. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien sich die Beteiligten einig gewesen, dass die Wohnung von der Ehefrau und den Kindern genutzt werden solle und nicht mehr vom Ehemann. 


    Nach dem Auszug des Ehemanns habe dieser ein berechtigtes Interesse, nach der Scheidung nicht mehr möglichen finanziellen Belastungen aus dem Mietverhältnis ausgesetzt zu sein. Das gelte insbesondere in Hinblick auf Mietzinsansprüche des Vermieters für die Zeit nach dem Auszug, die im Außenverhältnis gegen den ausgezogenen Ehegatten solange weiterbestünden, bis er aus dem Mietverhältnis entlassen sei. Wegen dieses vorrangigen Interesses des ausgezogenen Ehegatten sei es ihm nicht zuzumuten, seinen Anspruch auf Mitwirkung des anderen Ehegatten an der Entlassung aus dem Mietverhältnis erst nach der Rechtskraft der Scheidung geltend zu machen. 


    Ansprüche des in der Wohnung zurückbleibenden Ehegatten gegen den ausgezogenen aus der Zeit des Zusammenlebens stünden dem Mitwirkungsanspruch nicht entgegen, weil die Entlassung aus dem Mietverhältnis nur für die Zukunft wirke und vorher entstandene Ansprüche unberührt lasse. Das gelte im Übrigen auch im Hinblick auf Ansprüche des Vermieters, da dessen Sicherheiten, wie etwa eine Kaution, hinsichtlich bereits entstandener Forderungen fortbestünden.


    OLG Hamm, Beschluss v. 21.01.2016 - 12 UF 170/15

    Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v. 13.05.2016

  • Gemeinsames Haus

    Im Falle einer Trennung stellt sich häufig die Frage, was nun aus dem gekauften Haus oder der Eigentumswohnung wird. Nicht immer ist schon abbezahlt. Häufig stehen beide Eheleute als Eigentümer im Grundbuch und beide haben auch den Kreditvertrag gesamtschuldnerisch unterzeichnet. Die Bank kann sich in diesem Fall aussuchen, wer von beiden Ehegatten den Kredit bezahlen soll. Es gilt gegenüber der Bank nicht halbe/halbe, sondern "jeder aufs Ganze". 


    Hat also z.B. bislang der Ehemann die Hausrate überwiesen, könnte sich die Bank, wenn die Raten ausbleiben, auch an die Ehefrau wenden. 

    Insbesondere ist der Bank gleichgültig, wer darin wohnt und wer ausgezogen ist.


    Der Ausgezogene kann sogar das Pech haben, dass er von fehlenden Ratenzahlungen erst zu spät erfährt, weil die Mahnungen an die Adresse des Hauses gehen.


    Daraus ergibt sich, dass in aller Regel davon abzuraten ist, bei einem Auszug aus dem Haus die Zahlung der Kreditraten ohne Absprache mit dem Partner einfach einzustellen. In diesem Falle drohen weitere Zinsen, Kosten, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen usw., für welche beide Ehegatten gegenüber der Bank unabhängig von der Trennung weiterhin gesamtschuldnerisch haften.


    Merke: Eine Trennung oder der Auszug aus dem Haus ändert nichts an der Haftung gegenüber der Bank!


    Die interne Lastenverteilung zwischen den Ehegatten muss zeitnah familienrechtlich geregelt werden.

  • Trennungsjahr in der Ehewohnung

    In manchen Fällen wird der Scheidungsantrag gestellt, wenn die Eheleute noch kein ganzes Jahr lang getrennte Wohnanschriften haben. Dann wird vorgetragen, man habe innerhalb der gemeinsamen Wohnung schon getrennt gelebt.

     Dass die Richter das nicht einfach "abnicken", zeigwn einige Entscheidungen. 


    Lassen Sie sich also unbedingt rechtzeitig beraten, wenn das Trennungsjahr im selben Haus verbracht werden soll!


    Auszüge aus der Begründung des OLG München am 4.7.2001, die Ehe mangels Ablauf des Trennungsjahres nicht zu scheiden:


    Entgegen den Ausführungen des Familiengerichts München ist die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit die Zerrüttung der Ehe der Parteien keinesfalls offenkundig.

    Nach § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt das Getrenntleben der Ehegatten in objektiver Hinsicht voraus, daß zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht. Gerade beim Getrenntleben in der ehelichen Wohnung darf kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt werden und es dürfen keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten mehr bestehen. Auf die Beweggründe, die die Parteien im Einzelfall dazu bestimmt haben, die gemeinschaftliche Haushaltsführung in wesentlichen Teilen aufrecht zu erhalten, kommt es nicht entscheidend an.

    Nach dem gemeinsamen Vortrag der Parteien wurden noch bis Mitte des Jahres 2000 gemeinsame Mahlzeiten eingenommen. Nach seinem eigenen Vortrag hat der Antragsteller auch die Geldmittel für die Haushaltsführung zur Verfügung gestellt, weshalb von einem Bestehen der häuslichen Gemeinschaft auszugehen ist. Auch wenn der Antragsteller den ehelichen Willen und die eheliche Empfindung nicht mehr aufrecht zu erhalten vermag und eine deutliche Entfremdung der Ehegatten festzustellen war, muß diese Entfremdung sich jedoch äußerlich durch eine entsprechende Trennungsdauer manifestieren.

    Nach der überwiegenden Rechtsprechung bleibt es dabei, daß die Unterhaltung eines gemeinsamen Haushalts das Getrenntleben grundsätzlich ausschließt, mögen die ehelichen Gefühle auch noch so erloschen sein.

    Außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räume darf im übrigen auch kein Zimmer der Wohnung gemeinsam genutzt werden. Dies scheint wegen der Schwierigkeiten der Absprache über die Benutzung hin und wieder in der Praxis schwer zu fallen; die tatsächlichen Probleme dürfen jedoch nicht dazu führen, den Getrenntlebensbegriff aufzuweichen und Rechtsunklarheit zu schaffen.

    Nach dem Ergebnis der Parteianhörungen und dem Akteninhalt ist der Senat deshalb zu der Überzeugung gelangt, daß objektiv gesehen kein Getrenntleben von über einem Jahr vorliegt.

    Sinn und Funktion des § 1567 Abs. 1 BGB ist es, daß Ehegatten, die mit dem Getrenntleben die Scheidung einleiten wollen, damit das Ziel einer vollständigen Trennung ihrer beiderseitigen Lebensbereiche anstreben, selbst wenn sie wirtschaftlich bedrängt sind.

    Außerdem entspricht es dem Zweck des durch § 1565 Abs. 2 BGB grundsätzlich geforderten Trennungsjahres, wenn sich die Ehegatten möglichst frühzeitig über die Realitäten einer vollständigen Trennung nebst ihren Langzeitwirkungen klar werden und prüfen, ob sie sie aushalten. Es besteht daher kein überzeugender Grund, ihnen die wirtschaftlichen und sonstigen Unannehmlichkeiten, die ihnen nach der Scheidung nicht erspart bleiben, vor der Scheidung auf dem Felde der gesetzlichen Anforderungen an das Getrenntleben und damit an die Scheidungsvoraussetzungen nicht zuzumuten.

    Dies hat auch nichts mit den Gemeinsamkeiten zu tun, die die Parteien unter Umständen mit Rücksicht auf den minderjährigen Sohn aufrecht erhalten haben. OLG München 12 UF 820/01


    Das OLG Zweibrücken hat am 07.11.2008 (2 UF 102/08) klargestellt, dass sich das Getrenntleben nicht durch fehlenden ehelichen Sex definiert:


    "Soweit das Familiengericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Parteien schon seit 9 Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander hatten, sieht dies der Senat nicht als entscheidendes Indiz für das Scheitern der Ehe an. Es gibt mannigfaltige Gründe, weshalb Ehepaare nach längerer Zeit des Zusammenlebens – mehr oder minder einvernehmlich – davon absehen, geschlechtlich miteinander zu verkehren; eine harmonische Lebensgemeinschaft mit gegenseitiger Verantwortung füreinander bedarf nicht unbedingt eines aktiven Sexuallebens."


    OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 7.12.2012, 4 UF 182/12:

    Im Fall des OLG Köln hatte das AG Bonn den Scheidungsantrag des Mannes abgewiesen, weil die Eheleute immer noch gemeinsam in der Ehewohnung lebten, die Frau die Wäsche der Familie wusch und für die Familie einkaufte und man sich sogar das Ehebett noch teilte, wenn auch nur "nebeneinander liegend".


    Das OLG teilte die Rechtsauffassung des Familiengerichts und riet dem Ehemann per Hinweisbeschluss, die Beschwerde zurückzunehmen.


    Der Begriff des "Getrenntlebens" gründet auf drei Elementen, die zusammentreffen müssen:


    1. objektiv die häusliche Trennung,


    2. subjektiv der Wille zumindest eines Ehegatten, die häusliche Gemeinschaft nicht wieder herzustellen,


    3. dessen Motiv: „Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft“.


    Die gemeinsame Benutzung des Schlafzimmers in der Ehewohnung spricht auch dann gegen eine vollzogene häusliche Trennung, wenn die Ehegatten nicht mehr geschlechtlich miteinander verkehrten (vgl.: OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.1998 - 5 WF 85/98 –; OLG Koblenz, Urteil vom 30.03.2004 - 11 UF 567/01, vgl. auch OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.11.2008 - 2 UF 102/08 zur Relevanz von Geschlechtsverkehr für die Trennung).


    Praktische Schwierigkeiten, stattdessen das Wohnzimmer zum Schlafen zu nutzen, sah das OLG Köln auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen nicht.


    Auf Nr. 3, das Motiv, kam es daher gar nicht mehr an.

     

    Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft spricht gegen Trennung:

    Das KG Berlin hat am 30.4.2012 – 17 WF 108/12 – das Vorliegen einer Trennung verneint, so lange die Gatten noch eine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II bilden.


     

    Ebenfalls vom KG Berlin stammt die Auswertung von SMS-Kontakten der Eheleute, die sehr freundlich miteinander umgingen. Hinzu kam noch, dass sie mit den vier Kindern gemeinsam Weihnachten feierten, dass es die Überweisung auf ein gemeinsames Konto nicht "Unterhalt" sondern "Haushaltsgeld" hieß, und dass die Mutter das Kindergeld nicht auf sich übergeleitet hatte. Alles zusammengenommen fehlte es dem KG an der Ernstlichkeit des Trennungswillens (der subjektiven Seite), obwohl die Eheleute getrennte Wohnungen bezogen hatten und jeder einen neuen Partner hatte. Beschluss vom 13.12.2018 (13 UF 155/17)

  • Hartz IV und zu große Ehewohnung

    Wir beziehen Hartz IV - wie lange darf ich in der zu großen Ehewohnung bleiben?


    Aus den Vorschriften des SGB II ergibt sich, dass die Kosten der Unterkunft nach 6 Monaten auf das angemessene Maß gekürzt werden, wodurch Sie zum Auszug gezwungen sein könnten.


    Aber:


    1. Es wird zu überprüfen sein, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit besteht, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (vgl hierzu Berlit, aaO, RdNr 31; zur sog Unterkunftsalternative vgl auch BVerwGE 97, 110, 115 ff; BVerwGE 101, 194, 198 ff). Besteht eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BVerwG, aaO). aus BSG, Urteil vom 7. 11. 2006 – B 7b AS 18/06 R


    2. In den ersten 12 Monaten nach Trennung ist mit einer Versöhnung der Ehegatten zu rechnen, so dass eine Reduzierung der Wohnungsgröße weder mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch mit der gesetzgeberischen Zielsetzung des sogenannten Trennungsjahres im Einklang zu bringen ist. Dies entspricht der Wertung des § 1566 Abs. 1 BGB, welcher das Scheitern der Ehe erst nach Ablauf einer Trennung von einem Jahr unwiderlegbar vermutet. Die Regelung, die die Zerrütungsvermutung der Eheleute annimmt und vor einer übereilten Scheidung vorbeugen soll, führt dazu, dass regelmäßig das Stellen eines Scheidungsantrags, die anschließende Scheidung und damit die endgültige Trennung der Eheleute nicht vor Ablauf dieses Jahres erfolgen kann. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass vor Ablauf des Trennungsjahres eine mögliche Rückkehr des getrennt lebenden Ehegatten in die eheliche Wohnung möglich sein muss. Die Reduzierung der Wohnkosten auf ein Maß für eine endgültig getrennt lebende Familie kann in diesem Zeitraum daher nicht gefordert werden. aus SG Aachen, 13.08.2009 - S 4 (15,23,27) AS 70/07   


  • Konto geplündert

    Manchmal kommt die Trennung für einen Partner unverhofft, während der andere sie schon von langer Hand vorbereitet hat. 


    So geschah es einem meiner Mandanten, dass er an einem Freitag, dem 13. beim Heimkommen von der Arbeit nicht nur feststellte, dass ihm Frau, Kinder, Hund und einige Möbel fehlten, sondern einige Tage später noch, dass ein gemeinsames Konto geplündert war.


    Im Zweifel gehörte jedem genau die Hälfte:

    Zur Abhebung des auf einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten befindlichen Guthabens nach der Trennung zum Zwecke der Anschaffung von Haushaltsgegenständen ist der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte im Verhältnis zum anderen im Zweifel nicht befugt.


    OLG Bremen, Beschluss vom 03.03.2014 - Aktenzeichen 4 UF 181/13:

    "Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin gemäß §§  428 ,  430   BGB  auf Zahlung von 1.937,50 €.


    Unstreitig hatte die Antragsgegnerin zwei Tage nach der am 24.6.2009 erfolgten Trennung der Beteiligten von dem von den Eheleuten in Polen unterhaltenen Gemeinschaftskonto ohne Wissen des Antragstellers das gesamte zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Guthaben i.H.v. 15.500 Zloty abgehoben. Das Amtsgericht hat insofern zu Recht ausgeführt, dass die Beteiligten als Inhaber des Gemeinschaftskontos gegenüber dem polnischen Kreditinstitut Gesamtgläubiger im Sinne des §  428   BGB  waren. Das Innenverhältnis beurteilt sich bei einem Oder-Konto nach §  430   BGB . Danach sind die Ehegatten an dem jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos und insbesondere am Kontostand im Zeitpunkt der Trennung regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn ein anderes bestimmt ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte, besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten. Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann nicht, wenn die Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst ist. Hat ein Ehegatte nach der Trennung das gesamte auf dem Konto befindliche Guthaben abgehoben und wird er auf hälftige Herausgabe in Anspruch genommen, so muss er gegebenenfalls den Beweis für seine Behauptung einer anderen Bestimmung im Sinne des §  430   BGB  führen (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Auflage, 2014, Rn. 721 ff.). Eine anderweitige Bestimmung kann rechtsgeschäftlich vereinbart werden, sie kann sich aber auch aus dem Zweck des Rechtsgeschäfts, aus der Natur der Sache oder den Gesamtumständen ergeben (Staudinger/Looschelders,  BGB , 2012, §  430  Rn. 27).


    Die Antragsgegnerin hat eine andere Bestimmung in diesem Sinne schon nicht dargetan. Die von der Antragsgegnerin behaupteten trennungsbedingten Anschaffungen können eine Abweichung von der gesetzlichen Vermutung des §  430   BGB  nicht begründen, denn auch ihrem eigenen Vortrag zufolge lag der Abhebung des Betrages i.H.v. 15.500 Zloty nicht etwa eine Absprache mit dem Antragsteller dergestalt zugrunde, dass der Antragsgegnerin die Anschaffung von Möbeln und Elektrogeräten ermöglicht werden sollte. Vielmehr ist unstreitig, dass die am 26.6.2009 getätigte Kontoverfügung ohne Wissen und gegen den Willen des Antragstellers erfolgte. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin ihrem Vortrag zufolge trennungsbedingt Anschaffungen tätigen musste, kann eine andere Bestimmung im Sinne des §  430   BGB  nicht begründen. Zwar kann im Einzelfall auch eine nach endgültiger Trennung der Eheleute von einem Ehegatten vorgenommene Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst sein. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mit ihr noch eine gemeinsame Schuld bezahlt worden ist oder wenn es um eine Geldentnahme geht, die mit den früheren gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten im Einklang steht und auch nach der Trennung weiterhin dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entspricht, was bei maßvollen, dem Unterhalt der Restfamilie dienenden Abhebungen in Betracht kommen kann (Wever, aaO., Rn. 728). Dies ist bei einer Abhebung zu dem Zweck der Anschaffung trennungsbedingt für nötig gehaltenen Hausrats aber nicht der Fall. Da der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin somit ohnehin nicht erheblich ist, kommt es auf die Frage der Substantiierung der behaupteten Anschaffungen entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht mehr an.


    Unstreitig beträgt der hälftige Gegenwert des von der Antragsgegnerin verfügten Betrages 1.937,50 €. Diesen Betrag kann der Antragsteller von der Antragsgegnerin gemäß §  430   BGB  verlangen."

  • Auto bei Trennung

    In guten Zeiten der Ehe ist es egal, wer Käufer / Halter / Versicherungsnehmer des Familienautos ist. Nach Trennung entstehen daraus spannende Rechtsfragen.


    Im Fall des OLG Stuttgart hatte die Frau das Auto bei Trennung mitgenommen und später für 12.000 € verkauft. Der Mann war aber Halter gewesen, den Kfz-Brief hatte sie ohne sein Wissen mitgenommen.


    Bekommt er nun den ganzen Erlös, die Hälfte oder nichts?

    Die wichtigste Weichenstellung ist dabei, ob es sich um das "Familienauto" handelte (dann Haushaltsgegenstand") oder um eines von mehreren Fahrzeugen (dann Zugewinnposition). Diese Einordnung ist nicht leicht und oft streitig, weil sie zu vorteilhaften oder nachteiligen Ergebnissen führt, je nachdem, wen man als Anwalt vertritt.


    Das OLG Stuttgart verpflichtete die Frau gemäß § 823 I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Zahlung von 6000 € Schadenersatz, also der Hälfte.


    Zwar wird nach § 1006 BGB generell vermutet, dass der Besitzer einer beweglichen Sache deren Eigentümer ist – allerdings war die Vorschrift vorliegend nicht anzuwenden. Kommt es im Zusammenhang mit der Trennung bzw. Scheidung eines Ehepaars zum Streit über das Eigentum an beweglichen Sachen, wie z. B. Möbelstücken oder Autos, ist vielmehr § 1361a BGB bzw. § 1568b BGB einschlägig.


    Nach § 1568b BGB gilt der Grundsatz, dass beide Ehegatten Miteigentum an den beweglichen Haushaltsgegenständen haben, die während der Ehe gemeinsam angeschafft wurden. Das gilt auch, wenn nur ein Ehegatte den Haushaltsgegenstand erworben hat. Hier wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass er zur gemeinsamen Lebensführung mit dem Ehepartner gekauft wurde. Behauptet ein Ehegatte, dass ihm eine Sache allein gehört, muss er das beweisen, ansonsten wird sie als gemeinsames Eigentum der (Noch-)Eheleute behandelt.


    Vorliegend hatten die Beteiligten den Wagen noch während ihrer Ehe erworben, um ihn im Rahmen ihrer privaten Lebensführung – z. B. für Einkäufe oder Urlaubsfahrten – zu nutzen. Er wurde daher nicht nur von einem der Eheleute verwendet, sondern von beiden. Zwar stand dem Mann noch ein weiterer Wagen zur Verfügung – der wurde von ihm allerdings nur für geschäftliche Zwecke benötigt und spielte daher für die Familie keine Rolle. Auch wies das Gericht darauf hin, dass der Pkw mit gemeinsamen finanziellen Mitteln erworben worden ist, etwa weil das Ehepaar unter anderem einen gemeinsamen Kredit aufgenommen hatte. Allein die Tatsache, dass der Ehemann als Halter in den Fahrzeugpapieren stand und Vertragspartner der Kfz-Versicherung war, machte ihn noch nicht zum Alleineigentümer des Pkw.


    Problematisch war vorliegend jedoch, dass der Familienwagen nach dem Verkauf nicht mehr als Haushaltsgegenstand zur Verfügung stand. § 1568b BGB wäre daher eigentlich nicht anwendbar. Allerdings darf der vorzeitige Verkauf eines Haushaltsgegenstands durch den einen Ehegatten nicht dazu führen, dass die Eigentumsvermutung gemäß § 1568b BGB zugunsten des anderen Ehegatten entfällt. Da er ursprünglich zu 50 Prozent Miteigentümer des Wagens gewesen ist, kann er von seinem verkaufswütigen Noch-Ehepartner Schadenersatz verlangen. Da der Fahrzeugwert in etwa dem erlangten Kaufpreis von 12.000 € entsprach, konnte der Mann die Hälfte hiervon – also 6000 € – verlangen.


    Merke: Verkauft ein Ehegatte zwischen Trennung und Scheidung einen Haushaltsgegenstand ohne Zustimmung des anderen Ehegatten, macht er sich unter Umständen schadenersatzpflichtig.

    (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.02.2016, 16 UF 195/15)

  • Trennungsunterhalt

    Das Thema führt hier zu weit - surfen Sie bitte zu den Unterhaltsseiten meiner Homepage.

  • Schulden bei Trennung

    Auch wenn man verheiratet ist, hat man sein eigenes Vermögen und seine eigene Schulden. Lediglich der Güterstand der Gütergemeinschaft regelt das anders, aber die Zahl der Leute, die diesen Güterstand ehevertraglich gewählt haben, ist verschwindend gering. 


    Für die meisten gilt die Zugewinngemeinschaft.

    Wem gehören dann die Schulden?


    Ganz einfach zu beantworten: Demjenigen, der die Verbindlichkeit eingegangen ist, also z.B. bei der Bank den Darlehensvertrag unterschrieben hat. Oft werden das beide sein, weil die Bank auf die gesamtschuldnerische Haftung beider bestanden hat. Wie immer gibt es allerdings Ausnahmen: Wurde z.B. ein Hausratsgegenstand wie eine Waschmaschine nur von einem Ehegatten auf Raten gekauft, kann der andere Ehegatte über den sog. "Schlüsselgewalt-Paragraphen" doch in Haftung genommen werden, ohne selbst unterschrieben zu haben.


    Wer zahlt die Schulden nach Trennung?

    Derjenige, dem sie zuzurechnen sind. 


    Interessant wird es aber bei den gemeinsamen Schulden. 


    Da ist es dringend anzuraten, eine vertragliche Regelung ("Freihaltung im Innenverhältnis") zu finden, die evtl. im Zusammenhang mit der Unterhaltsberechnung steht.


  • Steuern nach Trennung

    Steuerklasse I ist schlecht, III ist gut – so viel wissen die meisten Arbeitnehmer. III geht aber nur, wenn man einen Ehepartner hat, der V nimmt – was für den wiederum nicht so schön ist wie IV. So lange alles in den gemeinsamen Haushaltstopf fliesst: egal. Trennen sich die Ehegatten aber, liegt es für denjenigen mit Steuerklasse V nahe, seine Lohnsteuerkarte sofort ändern zu lassen. Ausserdem kann plötzlich die „Einzel-Veranlagung“ statt der „Zusammenveranlagung“ attraktiv sein.


    Wann ist Zusammenveranlagung besser?


    So lange zwischen den Ehegatten eine Unterhaltsbeziehung besteht, gibt es immer noch einen "gemeinsamen Haushaltstopf", jedenfalls virtuell für die Berechnung. Einzelheiten dazu finden Sie hier. So lange also macht der Blicks aufs Ganze noch Sinn: Wie haben beide Ehegatten insgesamt, zusammengerechnet, möglichst viel netto? Das spricht in der Regel für Zusammenveranlagung, heisst Steuerklassen III/V oder IV/IV.


    Wie lange geht Zusammenveranlagung?


    Nach § 26 EStG geht Zusammenveranlagung in jedem Kalenderjahr, in dem die Ehegatten zusammengelebt haben.


    Beispiel: Trennung 7.1.2020 => 2020 ist letztes Jahr der Zusammenveranlagung, ab 2021 muss getrennt (Begriff seit 2015: einzeln) veranlagt werden. Trennung 22.11.2020: da gilt dasselbe! Trennung 5.1.2021: Jetzt ist ein ganzes Jahr, nämlich 2021, steuergünstiger!


    Daraus folgt: Bei Trennungen um den Jahreswechsel unbedingt beraten lassen!


  • Steuerschaden vermeiden

    Tipp: Nicht ausgerechnet vor Silvester trennen!


    Die Formulierung in der Überschrift betrachten Sie bitte mit einem Augenzwinkern. Aber: Wenn Sie noch bis nach Neujahr offiziell zusammen leben, wird der "Steuerschaden" um ein Jahr verschoben.

    Das Finanzamt merkt doch nicht, seit wann wir wirklich getrennt gelebt haben...


    Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung liegen nicht mehr vor, wenn die Gatten „dauernd getrennt leben“.


    Nach § 39 Abs. V Satz 1 EStG haben die Gatten bei Trennung eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Finanzamt: „Treten bei einem Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine für ihn ungünstigere Steuerklasse (…) ein, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Finanzamt dies mitzuteilen und die Steuerklasse (…) umgehend ändern zu lassen.“


    Dauernd getrennt leben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner i.S.d. Einkommensteuerrechts, wenn die eine zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht und eine Prognose ergibt, dass mit ihrer Herstellung auf Dauer nicht mehr zu rechnen ist.


    Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen.


    Da es sich dabei um schwer nachprüfbare innere Vorgänge der Beteiligten handelt, wird die Frage des dauernden Getrenntlebens anhand des Gesamtbildes von äußerlich erkennbaren Merkmalen geprüft. Für ein Zusammenleben spricht vor allem eine gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftsführung, für eine dauernde Trennung demgegenüber eine räumliche Trennung und vor allem, wenn diese länger andauert, und das Zusammenleben eines Partners (Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners) mit einer anderen Person.


    Der im Zivilrecht verwendete Begriff des dauernden Getrenntlebens – etwa in den §§ 1567 Abs. 1 und Abs. 2 BGB – ist nicht zwingend identisch mit dem steuerlichen Begriff des dauernden Getrenntlebens i.S.d. § 26 EStG.


    Beruht die räumliche Trennung auf dem Entschluss, sich infolge inneren Abwendens vom Ehegatten aus der häuslichen Gemeinschaft zu lösen, liegt mit der Verwirklichung der Trennung eine dauernde und nicht etwa eine vorläufige Trennung vor.


    Äußere Indizien für das Getrenntleben sind die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt, aber auch die Angaben der Eheleute im Scheidungsverfahren.


    Gerichte und Behörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen (§ 116 AO). Das gilt also auch für Ihren Scheidungsrichter und ist dann der Fall, wenn Sie sich noch für Kalenderjahre steuerlich zusammen veranlagen lassen, in denen Sie als Ehegatten schon getrennt gelebt haben. Anhand der Angaben zum Trennungsjahr und der Vorlage von Gehaltszetteln zur Unterhaltsberechnung fallen widersprüchliche Angaben auf.



    Nicht zu vergessen ist, dass man sich gegenüber dem anderen Ehegatten erpressbar macht, wenn man mit dessen Wissen dem Finanzamt falsche Angaben über das Getrenntleben gemacht hat und damit eine leichtfertige Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung begangen hat.


    Es hat schon Eheleute gegeben, die sich für sehr pfiffig gehalten haben, indem sie sich über etliche Jahre nach der Trennung nicht umgemeldet und sich steuerlich zusammen veranlagt haben.


    Das böse Erwachen kommt für den Mehrverdiener dann, wenn


    •     sich dadurch die gesetzliche Ehezeit verlängert mit Folgen für Versorgungsausgleich und Ehegattenunterhalt
    •     das Trennungsjahr noch gar nicht zu laufen begonnen hat
    •     der andere Ehegatte, der Steuerklasse V hatte, "ausschert" und Einzelveranlagung oder Aufteilung der Steuerschuld im Innenverhältnis beantragt, weil er dann Steuern zurück bekommt (die der andere nachzahlen muss).

    Lassen Sie sich also frühzeitig nach der Trennung beraten.


    Anschaulich liest sich eine Entscheidung des FG Nürnberg, Urteil vom 07.03.2005 - Aktenzeichen VI 160/04: Dort geht zunächst das Finanzamt und sodann das Finanzgericht im Fall einer kurzen Versöhnung der Frage nach, ob dies die Zusammenveranlagung rechtfertigt. Es wird dort tatsächlich eine „peinliche Befragung“ der Ehegatten vorgenommen. Die objektive Beweislast für die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung liegt bei den Ehegatten.


  • Zustimmung zur Zusammenveranlagung

    Muss ich der Zusammenveranlagung zustimmen?


    In der Regel: Ja, weil es ja für beide Parteien günstiger ist. Sie dürfen Ihre Zustimmung allerdings in bestimmten Fällen davon abhängig machen, dass Ihnen keine Kosten (Steuernachzahlung) entstehen.

    Wie teilen wir die Steuernachzahlung / Steuererstattung auf?


    Das wiederum ist so kompliziert, wie es sich anhört: Im Verhältnis der auf jeden Ehegatten entfallenen Steuern bei getrennter Veranlagung. Pragmatisches halbe/halbe geht eigentlich nur, wenn die Zugewinngemeinschaft noch läuft oder die Steuerfrage über den Unterhalt ausgeglichen wird. Meistens benötigen Sie hier die Hilfe von einem Steuerberater und einem Fachanwalt für Familienrecht.


    OLG Koblenz 2019 - Der Fall:

    Er hatte Steuerklasse III, sie V. 2016 trennten sie sich. Es geht um die Steuern für 2015. Sie weigerte sich, die Zusammenveranlagung zu unterschreiben und bekam eine Steuererstattung – er musste nachzahlen. Das OLG sprach ihm davon die Hälfte als Erstattungsanspruch zu.


    Leitsätze:

    1. Steuererstattungen oder -nachzahlungen aus vor der Trennung liegenden Zeiten gemeinsamer Veranlagung der Ehegatten sind nach der Trennung grundsätzlich nach der Steuerlast im Falle einer fiktiven Einzelveranlagung auszugleichen (Anschluss an BGH FamRZ 2002, 1024).


    2. Aus dem Westen der Ehe folgt auch nach der Trennung regelmäßig die Verpflichtung in eine vom anderen Ehegatten für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen (Anschluss an BGH FamRZ 2005, 182 m.w.N. und BGH FamRZ 2007, 1229). Eine Verweigerung kann zur Schadensersatzpflicht führen.


    3. Nach Scheitern der Ehe kann ein Ehegatte grundsätzlich nicht den Mehrbetrag, den er zuvor wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der ungünstigeren Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen. Das gilt jedenfalls bis zur Trennung. Aus diesem Grund kann die Zustimmung zur Zusammenveranlagung für Zeiten des ehelichen Zusammenlebens regelmäßig auch nicht von einem Ausgleich der dem bislang die ungünstigere Lohnsteuerklasse V innehabenden Ehegatten im Falle der gemeinsamen Veranlagung verbleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden (Anschluss an BGH FamRZ 2007, 1229 mit Verweis auf BGH FamRZ 2002, 1024 sowie BGH NJW 2010, 1879 unter Tz. 17 und auch OLG Koblenz [7. ZivS.] FamRZ 2018, 1493; a.A. noch: OLG Hamm FamRZ 1990, 291).


    4. Auch nach dem Steuervereinfachungsgesetz vom 1. November 2011 besteht die Wahlmöglichkeit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten gemäß einer Verständigung der Steuerbehörden auf Bund-Länder-Ebene bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem der letzte Einzelveranlagungsbescheid gegenüber einem Ehegatten bestandskräftig geworden ist (Festhaltung an Senat FamRZ 2016, 2013).


    OLG Koblenz, Beschl. v. 12.06.2019 – 13 UF 617/18


  • Stillschweigende Vereinbarung

    Typischer Fall:

    Nach der Trennung will man erstmal nicht über Geld streiten. Stillschweigend wird irgendetwas praktiziert, Absprachen gibt es weder schriftlich noch mündlich. Wen das später reut, der hat das Nachsehen!

    Wenn Ehegatten die während ihres Zusammenlebens praktizierte Handhabung der Zahlung auf gemeinsame Verbindlichkeiten nach der Trennung zunächst fortsetzen, kann das eine konkludente Vereinbarung sein, eine sog. anderweitige Bestimmung i. S. von § 426 I S. 1 BGB. Dann kann keiner später einen Ausgleich verlangen.

    Das gilt aber nur für die Vergangenheit, denn wenn ein Ehegatte in einer späteren Phase der Trennung den Willen äußert, die finanziellen Folgen anders zu regeln, endet die stillschweigende Vereinbarung.

    OLG Brandenburg Beschl. v. 6.7.2020 – 15 UF 128/19


  • Trennungs- und Scheidungsvereinbarung

    ... auch genannt: scheidungserleichternde Vereinbarung, Ehevertrag, Scheidungsfolgenvertrag


    Steht der Entschluss zur Trennung fest, muss viel geregelt werden.


    Bei manchen ersten Absprachen geht es nur um Vorläufiges, um das „nackte

    Überleben“ der nächsten Monate. Danach empfiehlt es sich, die Zeit der Trennung für die längerfristigen Vereinbarungen, insbesondere für die Regelung der Scheidungsfolgen zu nutzen.


    Wenn der erste Schmerz der Trennung überwunden ist, die Ehegatten aber noch

    nicht vollständig entfremdet sind, ist ein guter Zeitpunkt für die Regelung von

    Trennungs-und Scheidungsfolgen. Dann werden die Ehegatten oft noch nicht so stark von Dritten, z.B. neuen Lebenspartnern, beeinflusst. 


    Eine Einigung ist dann leichter möglich als später, wenn durch gerichtliche Anträge und polarisierenden anwaltlichen Vortrag die Fronten verhärtet sind.

  • Was gehört in die Vereinbarung?

    Eine Trennungs- und Scheidungsvereinbarung kann folgende Inhalte haben:

    •     Trennungsunterhalt (Höhe Wohnvorteil, Erwerbspflichten)
    •     Bedienung von Schulden (Hauskredit, Dispo)
    •     Hausratsverteilung (vorläufig oder endgültig)
    •     Regelung der Wohnverhältnisse (Miete oder Eigetum) (vorläufig oder endgültig)
    •     nachehelicher Ehegattenunterhalt (Höhe, Dauer, Erwerbspflichten, Befristung, Begrenzung, Abänderung)
    •     Kindesunterhalt (minderjährig / volljährig)
    •     Regelung zum Sorgerecht
    •     Vorstellungen zum Umgangsrecht
    •     Durchführung des Zugewinnausgleiches
    •     Schuldrechtliche Regelung des Versorgungsausgleiches oder Verzicht
    •     Vermögensauseinandersetzung, insbes. Schicksal gemeinsamer Immobilie
    •     Regelung zur Kostenübernahme hinsichtlich der notariellen Kosten und dem Scheidungsverfahren
    •     Regelung zu Steuerfragen
    •     Aufhebung eines gemeinsamen Testamentes und ein Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht
    •     Abänderungsgesichtspunkte zu allen Regelungen
    •     ...
  • Gibt es einen Muster-Vordruck für eine Trennungsvereinbarung?

    Bestimmt finden Sie Vorlagen, Vordrucke und Mustervereinbarungen im Internet, gratis oder kostenpflichtig. Sie müssten allerdings selbst sorgfältig prüfen, ob der Verfasser Ahnung hatte und ob alle Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen aktuell eingearbeitet sind.


    Häufig erkennt man im Internet nicht, von wann die Informationen datieren. Womöglich werden einige der Formulierungen für Sie passen. Was Ihnen aber dann fehlt, ist die Beratung über mögliche Alternativen, die Ihnen vielleicht noch besser gefallen hätten.


    Auch ich arbeite natürlich mit meinen eigenen Textbausteinen - dennoch ist jede Trennungsvereinbarung am Schluss ein sorgfältig gefeiltes Unikat.


  • Wer hilft uns dabei, eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung zu verfassen?

    Viele Wege führen zum Ziel:

    •     Sie verhandeln selbst mit Ihrem Ehegatten. Ihr Anwalt "coacht" Sie aus dem Hintergrund und sorgt nachher für rechtlich korrekte Formulierungen.
    •     Ihr Anwalt verhandelt mit Ihrem Ehegatten und schlägt den Vertragsentwurf vor, den Sie möchten.
    •     Zwei Anwälte verhandeln miteinander für Sie beide.
    •     Zu viert (zwei Ehegatten, zwei Rechtsanwälte) sitzt man am runden Tisch und erarbeitet den Vertrag.
    •     Dies ist auch denkbar mit der besonderen Methode der Cooperativen Praxis.
    •     Sie und Ihr Ehegatte verhandeln miteinander in einer familienrechtlichen Mediation.

        ...


  • Wie sagen wir es den Kindern?

    Wie erklärt man Kindern, dass ihre Familie zerbricht? Dass darin (auch) eine Verbesserung für sie selbst liegen wird, kann man ihnen vielleicht in den Situationen erklären, in denen Streit und Gewalt das Zusammenleben geprägt haben. Trennen sich die Eltern aber, weil sie „sich nicht mehr liebhaben", ist das für die Kinder schwer zu begreifen.


    Folgende „Kinderbitten" - ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Vollständigkeit - können helfen, sich darüber klar zu werden, wie man es dem eigenen Kind sagen will.


    •     Bevor ihr auseinanderzieht: Redet mit uns darüber und erklärt uns, was sich durch die Trennung für uns ändert - so konkret wie möglich.
    •     Wir glauben, an der Scheidung schuld zu sein. Bitte nehmt uns diese Last ab.
    •     Wir mögen nicht in Eure Streitereien einbezogen werden und nicht hören, dass einer schlecht über den anderen redet.
    •     Wir wollen nicht mitentscheiden, wer das Sorgerecht bekommt.
    •     Am liebsten soll sich so wenig wie möglich für uns ändern.
    •     Wir wollen auch den von euch beiden sehen, bei dem wir nicht wohnen, und das so oft wir möchten.
    •     Wir wollen auch in Zukunft alle anderen Familienmitglieder (Oma/ Opa, Tanten/Onkel etc.) sehen dürfen.
    •     Vielleicht zieht ihr nicht sofort mit einem neuen Freund oder einer neuen Freundin zusammen; das wäre leichter für uns.
    •     Behandelt uns nicht wie kleine Erwachsene; das sind wir nicht.
  • Ziehen die Kinder automatisch nach der Trennung zur Mutter?

    Wer nur halbtags arbeitet, bekommt bei Trennung automatisch die Kinder?


    Das ist wahrscheinlich statistisch die Wahrheit und trifft statistisch auch häufiger für Mütter zu als für Väter - aber es gibt eben keinen solchen Automatismus.


    Aus der gegenteiligen Begründung des OLG Saarland (6 UF 106/10):


    „Bei der allein am Kindeswohl auszurichtenden Frage, welchem der Elternteile die elterliche Sorge oder - wie hier - ein Teilbereich dieser zu übertragen ist, sind die Erziehungseignung der Eltern - einschließlich ihrer Bindungstoleranz -, die Bindungen des Kindes - insbesondere an seine Eltern und Geschwister -, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie der Kindeswille als gewichtige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Außer diesen Aspekten sind je nach den Begleitumständen des Falles weitere Gesichtspunkte wie Erziehungsbereitschaft, häusliche Verhältnisse, soziales Umfeld und Grundsätze wie der einzubeziehen, dass Geschwister nicht ohne besonderen Grund voneinander getrennt werden sollen. Nach dem Förderungsprinzip ist die elterliche Sorge dem Elternteil zu übertragen, der am Besten zur Erziehung und Betreuung des Kindes geeignet erscheint und von dem es voraussichtlich die meiste Unterstützung für den Aufbau seiner Persönlichkeit erwarten kann. Dabei kann berücksichtigt werden, dass ein Elternteil weitergehende Möglichkeiten zur Betreuung des Kindes hat; denn je jünger ein Kind ist, umso wichtiger ist es für seine Entwicklung, dass es sich in der Obhut eines Menschen weiß, der Zeit hat, auf seine Fragen, Wünsche und Nöte einzugehen. Ein Primat des beruflich weniger eingespannten Elternteils ist damit allerdings nicht verbunden."


    Der berufstätige Vater erhielt das Sorgerecht, auch wenn er nachweislich (etwas) weniger Zeit zu Hause ist als die Mutter.


  • Phasen einer Trennung

    Das Scheitern einer Beziehung ist immer eine psychische Ausnahmesituation. Niemand sollte sich schämen, wenn er feststellt, dass er allein mit der Bewältigung dieser Krise überfordert ist.


    Phasen einer Trennung aus anwaltlicher Sicht


    Die entsprechende Fachliteratur hat das Verhalten eines Menschen, der von seinem Partner verlassen wurde, wie folgt typisiert:


    Phase 1:         

    Aufbrechende Gefühle:


    Schmerz, Trauer, Verzweiflung, Einsamkeit, Überforderung, Selbstvorwürfe, Schuldgefühle, Selbstzweifel, Selbstabwertung, Angst vor der neuen Rolle, Wut, Verbitterung und Hass, Vorwürfe, Rachelust. Der Mandant, der in dieser Phase einen „Vernichtungskrieg“ gegen den Expartner in Auftrag gibt, wird in einer späteren Phase sehr dankbar sein, dass sein Anwalt ihn nicht wörtlich genommen, sondern den Auftrag in seinem wohlverstandenen Interesse moderat ausgelegt hat.


    Phase 2:        

    Neuorientierung:


    Alte Ressourcen kehren zurück, Vorwürfe nehmen ab, Trennung wird als Lösung akzeptiert, Loslassen der Liebe und Sehnsucht nach dem Expartner, Aufgeben von Wut und Hass auf den Expartner, neue

    Lebensperspektiven, neues Selbstwertgefühl. Jetzt hat der Anwalt die Möglichkeit, mit seinem Mandanten gemeinsam Strategien zu entwickeln, die langfristig tragfähig sein werden. Jetzt kann er helfen, die Interessen seines Mandanten aufzudecken, um für sich eine Auftragsklärung herbeizuführen.


    Phase 3:        

    Neues Lebenskonzept:


    Dem Mandanten werden Gründe für die Trennung bewusst und von ihm akzeptiert; er entscheidet sich für ein Leben als Single oder für eine neue Partnerschaft; inneres Gleichgewicht. Der Mandant wird nun honorieren können, dass der Anwalt ihn gemäßigt hat, als er seiner Rachelust aus Phase 1 nachgeben wollte.



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