Einbenennung
Namensrecht
In vielen Fällen stimmt der leibliche Vater der Kinder nicht zu, sondern besteht darauf, dass das Kind seinen Namen behält.
Es gibt dann die Möglichkeit der Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung nach § 1618 Satz IV BGB. Das Verfahren läuft vor dem Familiengericht am Wohnort des Kindes und alle Beteiligten sind persönlich anzuhören. Wenn ein möglicher Interessengegensatz bei Kind und Mutter gegeben sein könnte, oder das Kind noch zu klein ist, um sich in der Anhörung mit den Argumenten auseinanderzusetzen, wird dem Kind ein Verfahrensbeistand an die Seite gestellt.
OLG Frankfurt am Main, 18.12.2019 - 1 UF 140/19
Vor dem OLG Frankfurt hatte die Mutter Erfolg.
Das Familiengericht könne die Einwilligung ersetzen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich sei. Gründe der Zweckmäßigkeit oder Förderlichkeit genügten dafür zwar nicht. Entgegen der Auffassung des BGH aus dem Jahr 2005 komme eine Ersetzung aber auch nicht erst in Betracht, wenn konkrete Umstände für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen würden.
Ausreichend für eine Ersetzung sei vielmehr die niedrigere Schwelle der Erforderlichkeit. Dies ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes.
Die Ersetzung sei erforderlich, wenn die Aufrechterhaltung des Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheint. Dies sei vorliegend der Fall.
Dabei sei zwar zu berücksichtigen, dass sich der Vater des Kindes in einer schwierigen Lebenssituation befinde und die gemeinsame Namensführung mit dem Kind ein wesentliches Band darstelle.
In die Abwägung einzubeziehen sei jedoch auch, dass die Tochter seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr mit ihrem Vater habe. Die Tochter selbst wünsche ausdrücklich eine Namensänderung. Die außerordentlichen Belastungen der Tochter durch die Namensverschiedenheit mit ihrer Mutter und ihrer Halbschwester wögen im vorliegenden Fall zudem schwer.
Da der Name eines Kindes auch eine persönlichkeitsrechtliche Komponente hat, ist im Rahmen der Abwägung auch dem Kindeswillen Rechnung zu tragen, der vorliegend ebenfalls für eine Ersetzung der Einwilligung spricht.
Anderweitige Ehe hindert Namenswahl des leiblichen Vaters
Eine Ehe entfaltet bis zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Vaterschaftsanfechtung eine „Sperrwirkung“ gegenüber einer Anerkennungserklärung. Die Kinder können bei einer fortbestehenden Ehe deshalb nicht den Familiennamen des Lebenspartners tragen, hat das OLG Frankfurt entschieden. Als Familienname kommt daher nur der Name der Mutter oder ihres Ehemanns als rechtlicher Vater in Betracht.
Der Fall:
Die Kinder waren 2003 und 2005 geboren. Sie erhielten den Nachnamen ihres leiblichen Vaters, der die Kinder anerkannt hatte.
Problem: Die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt anderweitig verheiratet – das war nur nicht aufgefallen, weil die Ehe in Marokko geschlossen worden war. Ihr Ehemann lebte in Marokko.
Als dieser 2016 nach Deutschland kam, flog das auf, das Amtsgericht ordnete daraufhin die Berichtigung der Geburtseinträge der Kinder an: Es stellte fest, dass nicht der damalige Partner der Mutter, sondern der Ehemann der Vater der Kinder sei. Die Kinder verloren nicht nur ihren Nachnamen, sondern auch ihren Vornamen, weil der rechtliche Vater nicht an der Wahl beteiligt gewesen war.
Des OLG hat bestätigt, dass die Kinder tatsächlich noch keinen Familiennamen führen; die Vornamenwahl war indes verbindlich.
Die Namenswahl obliege den Eltern der Kinder, betont das OLG. Sowohl nach deutschem als auch nach marokkanischem Recht gelte der Ehemann der Mutter als (rechtlicher) Vater der beiden Kinder. Eine etwaige räumliche Trennung der Eheleute während des Empfängniszeitraums ändert hieran nichts.
Die sich aus der gültigen Ehe rechtlich ergebene Vaterschaft schließe die Vaterschaftsanerkennung eines anderen Mannes aus. Sie entfalte eine Sperrwirkung gegenüber der Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses. Erst eine rechtskräftige Entscheidung über die Vaterschaftsanfechtung könne rückwirkend diesen Vaterschaftsstatus beseitigen.
Da die Mutter und ihr Ehemann keinen gemeinsamen Ehenamen führen, könne der Familienname nur durch eine gemeinsame Erklärung gegenüber dem Standesamt bestimmt werden. Zur Auswahl stünden dabei der Name des rechtlichen Vaters oder der Mutter. Eine derartige Namensbestimmung liege hier indes nicht vor. Solange sie fehle, hätten die Kinder keinen Familiennamen.
Streit über Wahl des Namens nach Geburt
Wenn Eltern bei der Geburt ihres Kindes getrennt leben, kann schon die Wahl des Namens die Einschaltung des Familiengerichts erforderlich machen.
Im Fall des OLG Bamberg hatte die schwangere Frau ihrem Freund noch das gemeinsame Sorgerecht eingeräumt, war aber 10 Tage nach der Geburt mit dem Kind aus seiner Wohnung ausgezogen. Über den Vornamen konnte das zerstrittene Paar sich einigen, nicht aber auf den Nachnamen. Die Mutter wollte dem Kind ihren Nachnamen geben, weil sie davon ausging, dass das Kind bei ihr alleinerziehend aufwachsen werde. Der Vater bevorzugte seinen Nachnamen. Das sei während der Schwangerschaft so besprochen gewesen.
Der Familienrichter schlug vor, ein Los zu ziehen. Das lehnte die Mutter ab.
Daraufhin übertrug er dem Vater das Entscheidungsrecht – und zwar mit der Begründung:
Materiell seien nur auf die Namensgebung bezogene Kindeswohlbelange zu berücksichtigen, so dass elternbezogene Kriterien wie Kontinuität und Bindungen nicht maßgeblich wären. Nachdem ein Losverfahren nicht gewünscht worden sei, orientiere sich die Entscheidung am Alphabet, bei dem der Anfangsbuchstabe des Vornamens des Vaters als erster erscheine. Zudem bestünden bei der Schreibweise des Nachnamens der Mutter "M" größere Unklarheiten als beim Familiennamen des Vaters, was das Kind zukünftig entlaste. Möglich erscheine es ferner, dass die Wahl des Namens des Vaters diesen eher zu Betreuungs- und Unterhaltsleistungen zugunsten des Kindes motivieren könne.
Der Vater meldete daraufhin das Kind beim Standesamt mit seinem Nachnamen an.
Die Mutter wollte dagegen Beschwerde beim OLG einlegen, scheiterte aber an der Tücke der „sofortigen Wirksamkeit“. Sorgerechtsentscheidungen müssen nicht erst rechtskräftig werden, und was der Sorgeberechtigte vor Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Änderung der Sorgerechtsentscheidung entschieden hat, wird nicht rückabgewickelt. Mit seiner Willenserklärung beim Standesamt hatte sich die „Hauptsache erledigt“ und das OLG hatte nichts mehr, worüber es hätte urteilen können.
Hinweis:
Nach der Geburt haben Eltern einen Monat Zeit zur Namenswahl – danach schaltet das Standesamt das Familiengericht ein und beantragt eine Entscheidung, § 1617 BGB.
OLG Bamberg, Beschluss vom 11.03.2024 - Aktenzeichen 2 UF 44/24 e
Ein modernes Namensrecht: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts
Pressemitteilung Nr. 51/2023
23. August 2023
Der Gesetzentwurf sieht eine Modernisierung des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts vor: also des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts. Das geltende deutsche Namensrecht ist sehr restriktiv, gerade auch im internationalen Vergleich. Es trägt der vielfältigen Lebenswirklichkeit und den Bedürfnissen vieler Familien nicht mehr hinreichend Rechnung. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien deshalb eine Liberalisierung vereinbart.
Folgende Änderungen sind vorgesehen:
I. Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder
Kernstück der Reform ist die Einführung echter Doppelnamen für Ehepaare und Kinder.
Wenn Ehepaare einen Ehenamen führen wollen, sollen sie künftig einen Doppelnamen zum Ehenamen bestimmen können, der sich aus ihrer beider Familiennamen zusammensetzt (z.B. Arnheim-Bauer oder Bauer-Arnheim - mit und ohne Bindestrich). Im geltenden Recht ist dies nicht möglich: Ehename kann nur der Familienname eines Ehegatten werden; der Ehe-gatte, dessen Familienname nicht Ehename wird, hat lediglich die Möglichkeit, dem gemeinsamen Ehenamen den eigenen Namen als Begleitnamen voranzustellen oder anzufügen.
Als weitere Neuerung ist vorgesehen, dass künftig auch Kinder einen aus den Familiennamen ihrer Eltern zusammengesetzten Doppelnamen erhalten können. Bestimmen Ehepaare einen Doppelnamen zum Ehenamen, so soll dieser Ehename kraft Gesetzes zum Geburtsnamen gemeinsamer Kinder werden. Eltern sollen ihren Kindern im Übrigen auch dann einen Doppelnamen erteilen können, wenn sie selbst keinen führen - unabhängig davon, ob sie verheiratet sind. Dadurch soll ermöglicht werden, die Zugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen nach außen zu dokumentieren.
Es ist vorgesehen, dass von den entsprechenden Neuerungen auch Ehepaare profitieren können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits verheiratet sind, unabhängig davon, ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen Ehenamen führen. Auch Kinder sollen nachträglich einen Doppelnamen erhalten können.
II. Erleichterung der Namensänderung für Stiefkinder und Scheidungskinder
Stief- und Scheidungskindern soll es in bestimmten Fällen erleichtert werden, ihren Namen zu ändern.
Eine vorgeschlagene Neuerung betrifft einbenannte Stiefkinder: Das sind Kinder, die im Wege der Einbenennung den Namen eines Stiefelternteils erhalten haben. Ihnen soll es erleichtert werden, die Einbenennung rückgängig zu machen – und wieder den Geburtsnamen zu erhalten, den sie vor der Einbenennung geführt haben. Dies soll für Fälle gelten, in denen die Ehe des leiblichen Elternteils mit dem Stiefelternteil aufgelöst wird oder das Kind nicht mehr in dem Haushalt der Stieffamilie lebt.
Eine weitere vorgeschlagene Neuerung betrifft minderjährige Kinder, deren Eltern sich haben scheiden lassen. Legt der betreuende Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, den Ehenamen ab, so soll auch das Kind diese Namensänderung nachvollziehen können: Es soll also den geänderten Familiennamen des Elternteils erhalten können, in dessen Haushalt es lebt. Eine entsprechende Namensänderung bedarf der Einwilligung des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Und sie soll grundsätzlich auch nicht gegen den Willen des anderen Elternteils erfolgen können, wenn dieser ebenfalls sorgeberechtigt ist oder das Kind seinen Namen trägt.
III. Änderung des Geburtsnamens als Volljähriger
Als weitere Neuerung sieht der Entwurf vor, dass künftig jede volljährige Person ihren Geburtsnamen einmalig durch Erklärung gegenüber dem Standesamt neu bestimmen kann, ohne dass ein familienrechtliches Ereignis wie Eheschließung oder Scheidung hinzutreten muss. Hierfür sollen drei Varianten zur Verfügung stehen: (1) der Wechsel von dem Namen des einen Elternteils zum Namen des anderen Elternteils; (2) die Annahme eines Geburts-doppelnamens, der sich aus den Namen beider Elternteile zusammensetzt; (3) die Verkürzung eines Geburtsdoppelnamens auf einen eingliedrigen Namen. Im Übrigen sollen die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Möglichkeiten zur Änderung von Familiennamen fortgelten.
IV. (...)
V. (...)
VI. Kein Zwang zur Namensänderung nach Erwachsenadoption
Der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption soll aufgehoben werden. Die angenommene (adoptierte) Person soll den bisherigen Familiennamen behalten können, den Namen der annehmenden Person erhalten können oder eine Kombination aus dem bisherigen und dem Namen der annehmenden Person wählen können.
Der Entwurf wurde am 23.08.2023 vom Bundeskabinett beschlossen. Er ist
hier abrufbar. Ein Beispielpapier zu dem Entwurf ist
hier abrufbar. Ein FAQ zu dem Entwurf ist
hier abrufbar. Auf der Internetseite des BMJ sind auch begleitende Erläuterungspapiere zum Entwurf veröffentlicht.