Gleichgeschlechtliche Eltern

Becherspende - Vaterschaft - Grundrechte - Zwei Mütter - Stiefkindadoption


Wer als lesbische Frau Mutter werden möchte, hat es nicht leicht.

Sie muss sich den erforderlichen Samen eines Mannes über eine ärztlich begleitete heterologe oder donogene Insemination (künstliche Befruchtung) oder über eine private Samenspende – ggf. als Becherspende – beschaffen. Wenn die Befruchtung klappt, beginnen die rechtlichen Komplikationen.

Bei heterosexuellen Paaren würde der Ehemann der Mutter automatisch rechtlicher Vater, § 1592 BGB. Die Ehefrau der Mutter des Kindes wird aber nicht automatisch der zweite Elternteil des Kindes. Sie wird nirgends eingetragen.

Sie muss das Kind nun adoptieren (sog. Stiefkindadoption). Aber der leibliche Vater wird evtl. dabei Hürden aufstellen. Es lässt sich manchmal nicht vermeiden, dass der Mann – entgegen vorheriger Absprachen – sein Herz für das Kind entdeckt und nach rechtlicher Vaterschaft, Umgang, Sorgerecht etc. fragt.


Vater werden durch Becherspende

OLG Stuttgart, 7.4.2022 – 11 UF 39/22

Wenn zwei homosexuelle Frauen gemeinsam ein Kind planen und sich dafür einer sog. „Becherspende“ bedienen, legen sie oft keinen Wert darauf, dass das Kind den leiblichen Vater auch als rechtlichen Vater hat und dass dieser Kontakt zum Kind hat.



Im Fall des OLG Stuttgart waren die genauen Absprachen streitig. Der Mann, der den Frauen seinen Samen privat im Becher zur Verfügung stellte, meinte, es sei eine Vaterschaftsanerkennung abgesprochen worden und er habe eine Vaterrolle einnehmen sollen. Die beiden Frauen, von denen die eine leibliche Mutter war und die zweite das Kind als Stiefkind adoptieren wollte, hätten sich das erst nach der Geburt anders überlegt.


Jedenfalls jetzt wollten sie den Mann nicht als Teil ihrer Familie akzeptieren. Vor Gericht waren die Klärung der leiblichen Vaterschaft, das Umgangsrecht des Vaters und die Ersetzung seiner Zustimmung zur Adoption anhängig.

Die Mutter meinte, die gesetzliche Regelung, die in einer solchen Situation die Vaterschaftsfeststellung ermöglichten, sei verfassungswidrig. Die Grundrechte ihrer Ehefrau seien dadurch verletzt, weil sie anders behandelt werde als ein Ehemann, wenn auch er nicht leiblich verwandt mit dem Kind sei.


Das Verfahren sei im Hinblick auf die beim Bundesverfassungsgericht liegenden Normenkontrollverfahren - siehe unten - auszusetzen. Außerdem sei eine Gesetzesänderung zu erwarten.


AG und OLG stimmten dieser Argumentation nicht zu und stellten den Mann – mit DNA-Gutachten – als Vater fest. Die Richter verneinten eine Vergleichbarkeit des Falles mit dem einer Ehe zwischen Mann und Frau. Denn zwischen Mann und Frau sei eine gemeinsame Elternschaft „tatsächlich und rechtlich zu vermuten“, zwischen Frau und Frau sogar völlig ausgeschlossen. Das beruhe auf biologischen Gegebenheiten, nicht auf Ungleichbehandlung.

Die eheliche Mann-Frau-Familie soll vor der Aufdeckung eines Fehltritts bewahrt werden. Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe ist hingegen von vornherein klar, dass das Kind nicht von beiden Eheleuten abstammen kann.


Hinweis:

Die Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht wurden vom KG Berlin und OLG Celle initiiert. Das KG sieht eine Ungleichbehandlung darin, dass dem Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe seiner Mutter ein Elternteil vorenthalten wird bzw. der Ehefrau der Mutter anders als dem Ehemann der Mutter keine Elternstellung eingeräumt wird. In den beiden dortigen Fällen ging es aber um eine ärztlich unterstützte anonyme Samenspende.


Vorlagebeschlüsse beim BVerfG

OLG Celle - Beschluss vom 24.03.2021 – 21 UF 146/20

KG Berlin - Beschluss vom 24.03.2021 – 3 UF 1122/20



Privater Samenspender an ein lesbisches Paar kann nach Adoption Umgangsrecht haben

Der Kinderwunsch eines lesbischen Paares kann durch eine private Samenspende erfüllt werden. Rechtlich unklar war bislang, ob der Samenspender ein Umgangsrecht hat.

Im Fall, der zum BGH ging, ist das Kind inzwischen 7 Jahre alt und weiß, dass der Mann sein Erzeuger ist. In den ersten 5 Lebensjahren durfte der Mann das Kind auch besuchen.

Rechtlich hat das Kind keinen Vater, sondern zwei Mütter, denn die Frau, die es ausgetragen hat, hat ihrer Lebenspartnerin die sog. Stiefkindadoption zugestanden.

Es kam dann zu einem Zerwürfnis unter den Erwachsenen, als der Mann gegenüber den Eltern den Wunsch äußerte, mehr Umgang mit dem Kind zu haben, auch bei sich zuhause, auch im Alltag und mal für einen längeren Zeitraum.

Das Rechtsproblem besteht darin, dass weder § 1684 BGB greift (nur für rechtliche Eltern) noch § 1685 Abs. 2 BGB (nur bei einer von tatsächlicher Verantwortungsübernahme geprägten sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind, was bei den bisherigen sporadischen Besuchen nicht vorlag). Deshalb fanden Amtsgericht und OLG keine Rechtsgrundlage dafür, ein Umgangsrecht näher zu prüfen.

Der BGH sah einen Anwendungsbereich von § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB (Umgangsrecht des leiblichen Vaters, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat). Die Adoption schließe das Umgangsrecht nicht aus.

Ob und in welchem Umfang ein Umgang zu regeln ist, beurteilt sich daher vornehmlich danach, inwiefern der Umgang dem Kindeswohl dient. Dabei hat der leibliche Vater das Erziehungsrecht der rechtlichen Eltern zu respektieren, ohne dass dieses die Eltern zur Verweigerung des Umgangs berechtigt.


BGH-Beschluss vom 16. Juni 2021 - XII ZB 58/20

Download: Broschüre "Gemeinsam leben" des Justizministeriums

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