Scheidung Ehe am Ende

Verarmter Schenker

Schenkung in der Familie:
Rückforderung eines Sparbuches oder des Elternhauses?

Fall 1: Ein Anderer war beschenkt
Dann weisen Sie die Eltern / den Betreuer / das Sozialamt darauf hin, dass vorrangig dieser Anspruch zu prüfen und zu realisieren ist, bevor Sie als Kind in der Pflicht sind (interessant, wenn Sie mehr als 100.000 € steuerrechtliche Jahreseinkünfte haben).

Fall 2: Sie sind der Beschenkte
Dann müssen Sie - völlig unabhängig von der 100.000-Euro-Grenze - das Geschenk zurückgeben, wenn
a) noch keine zehn Jahre zwischen Schenkung und Bedürftigkeit vorbei sind und
b) der Wert der Schenkung bei Ihnen noch vorhanden ist.
Sie müssen nicht alles auf einmal zahlen.
Sie können die Rückforderung abwenden, indem Sie monatlich den fehlenden Bedarf zuschießen, bis das Geschenk erschöpft ist.
Das ist dann gut, wenn
  • Sie gar nicht die Liquidität zur Rückgabe haben und/oder
  • voraussichtliche Lebenserwartung mal Bedarfslücke viel kleiner sind als der Wert der Schenkung. Sonst fällt der unverbrauchte Rest in die Erbmasse.

Oma sparte für die Enkel

Eine Großmutter, die Rente von etwa 1.250 € bezog, hatte für ihre beiden Enkel zur Geburt jeweils ein für 25 Jahre angelegtes Sparkonto eröffnet und darauf über einen Zeitraum von 11 bzw. 9 Jahren jeweils monatlich 50 € eingezahlt.
Nun kam Oma ins Heim und brauchte dafür ergänzende Sozialhilfe.
Das Sozialamt wollte an die Sparbücher der Enkel.

Bei Schenkungen der Großmutter an ihre Enkel spricht der Umstand, dass es sich um langjährige monatliche Zahlungen auf ein Sparkonto („Bonussparen“) handelt, gegen die Anwendung von § BGB § 534 BGB.

OLG Celle, Urteil vom 13.2.2020 – 6 U 76/19, BeckRS 2020, BECKRS Jahr 1334

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil es sich bei den geleisteten Zahlungen um sog. „Anstandsschenkungen“ handele, die nach dem Gesetz nicht zurückgefordert werden könnten.
Der Sozialhilfeträger ging in Berufung und gewann beim OLG Celle. Die Enkel mussten ihre Sparbücher auflösen und der Oma das Geld für ihre Heimkosten zurückgeben.

Schenkungen können nach § 528 BGB zurückgefordert werden, wenn der Schenker seinen angemessenen Unterhalt nicht mehr selbst bestreiten kann und die Schenkungen keiner sittlichen Pflicht (sog. „Pflichtschenkungen“) oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprachen (sog. „Anstandsschenkungen“).

Dieser Anspruch geht gesetzlich auf den Sozialhilfeträger über, wenn der Schenker Sozialleistungen bezieht.

Das OLG Celle sah hier weder eine sittlich gebotene „Pflichtschenkung“ noch eine auf moralischer Verantwortung beruhende „Anstandsschenkung“. Als solche könnten zwar anlassbezogene Geschenke z. B. zu Weihnachten und zum Geburtstag zu werten sein, die diese Enkel ebenfalls von ihrer Großmutter bekommen hatten.

Hier spreche aber nicht nur die Summe der jährlich geleisteten Beträge in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Großmutter gegen ein dem Anstand entsprechendes Gelegenheitsgeschenk, auch der Zweck der Zuwendungen (Kapitalaufbau) spreche gegen eine solche Charakterisierung der Zahlungen, die gerade nicht als Taschengeld an die Enkel geleistet wurden.

Nach der Entscheidung des OLG Celle kommt es für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch nicht darauf an, ob es bei Beginn der Zahlungen für die Großmutter absehbar war, dass sie später einmal pflegebedürftig werden würde.

OLG Celle, Urt. v. 13.02.2020 - 6 U 76/19

Haus zu billig in der Familie verkauft: Gemischte Schenkung?

Kommt häufig vor: Oma überträgt ihr Häuschen innerhalb der Familie zu einem "Freundschaftspreis". Kommt sie später ins Heim, forscht das Sozialamt nach, ob dies eine (gemischte) Schenkung war.

Das OLG Hamm hat dazu folgendes ausgeführt:

„Der subjektive Tatbestand einer gemischten Schenkung setzt voraus, dass die Vertragsparteien um die Wertdifferenz zwischen den beiden Leistungen wissen und übereinstimmend wollen, dass der überschießende Wert unentgeltlich gegeben wird, die Gegenleistung also nicht lediglich ein gewollt günstiger Preis sein sollte (vgl. BGH NJW 2012, 605 ff). Ist dies zwischen den Beteiligten streitig, ist für die Würdigung, ob eine gemischte Schenkung vorliegt, von besonderer Bedeutung, ob die Vertragsparteien sich überhaupt einer Wertdifferenz zwischen den beiden Leistungsseiten bewusst und sich insoweit darüber einig waren, jedenfalls den überschießenden Leistungsteil dem Beschenkten unentgeltlich zuzuwenden. Maßgebliche Bedeutung kommt hierbei dem Verhältnis zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung zu. Besteht hierbei eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz, dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche, widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien. Hierfür sind nicht nur die objektiven Werte der Leistungen, sondern vor allem auch die Wertspannen zu berücksichtigen, innerhalb derer die Vertragsparteien den Wert der Leistungen auch unter Berücksichtigung der Beziehung, in der sie zueinander stehen, in einer noch vertretbaren Weise hätten annehmen können (vgl. BGH aaO).

Vorliegend wollten die Vertragsparteien nicht, dass der überschießende Leistungsteil der Mutter des Antragsgegners dem Enkel und seiner Ehefrau unentgeltlich zukommen sollte. Dies steht nach dem Ergebnis der vor dem Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme und den gesamten übrigen Umständen fest. Dem Antragsteller, der Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht geltend macht und daher die Beweislast unter anderem auch für die Bedürftigkeit der Mutter des Antragsgegners trägt, ist der ihm obliegende Beweis gelungen.
(…)
Demnach steht fest, dass der überschießende Leistungsteil der Mutter des Antragsgegners dem Enkel und seiner Ehefrau aus subjektiver Sicht der Vertragsparteien nicht unentgeltlich zukommen sollte. Für sie stellte nach ihren subjektiven Vorstellungen die Wertdifferenz von 9.000 € ein zulässiger "Abschlag" innerhalb der Familie, aber auch eine „Gegenleistung“ im weiteren Sinne für das Entgegenkommen des Zeugen X dar.
(…)
Der Zeuge und seine Ehefrau haben angesichts der oben bereits dargestellten Notlage der Mutter des Antragsgegners mit dem Erwerb des Erbbaurechts - es drohte der Verlust des Erbbaurechts und somit der "Wohnung" der Großmutter im Wege der Zwangsversteigerung - der Großmutter einen Gefallen erwiesen. Der Zeuge X konnte und durfte daher einen gewissen Abschlag vom Kaufpreis als "Gegenleistung" im Rahmen der zulässigen Preisgestaltung erwarten. Zudem wurde ihm nach seiner Aussage seitens des Notars mitgeteilt, dass ein gewisser „Abschlag“ innerhalb der Familie zulässig sei. Nach den Vorstellungen  der Vertragsparteien wurde der überschießende Teil daher nicht unentgeltlich gegeben. Vielmehr bewegte sich der vereinbarte Kaufpreis nach den Vorstellungen der Parteien noch innerhalb des zulässigen Preisgestaltungsrahmens.
(…)
Der Antragsgegner verkennt die besonderen Umstände des vorliegenden Sachverhaltes, die zu der Übertragung des Erbbaurechts an den Zeugen X und dessen Ehefrau geführt haben.“

Oberlandesgericht Hamm, 13 UF 256/16, 30.10.2017

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