Sparbücher von Kindern

Eltern dürfen nicht ohne weiteres Geld von den Sparkonten ihrer Kinder abheben und dieses für Urlaubsreisen, Kinderzimmer-Möbel oder Geschenke für die Kinder nutzen. Das kann einen Schadenersatzanspruch des Kindes begründen.


Kind verklagt Eltern

Wenn Eltern oder Großeltern für minderjährige Kinder Sparbücher anlegen, stellt sich gelegentlich die Frage, wem das Geld gehört.

Das OLG Oldenburg konnte anhand einer ungewöhnlichen Konstellation mit hohen Geldbeträgen dazu Ausführungen machen, die auch für „Normalfälle“ gelten.

Im OLG-Fall litt das Kind an Leukämie und es gingen mehr als 20.000 € Spenden dafür ein.

Als das Kind volljährig war, verlangte es von den Eltern das Geld zurück, da diese es „zweckwidrig“ für den Lebensunterhalt der gesamten Familie ausgegeben hätten.

Eine Anspruchsgrundlage für eine solche Rückforderung existiert im BGB, denn die Eltern als Sorgerechtsinhaber sind Vermögensverwalter, die bei einer Pflichtverletzung haften, § 1664 Abs. 1 BGB. Eine Pflichtverletzung wäre es, wenn Eltern aus dem Vermögen des Kindes etwas bezahlen, was sie dem Kind als Unterhalt schulden.

In Einzelfällen waren volljährige Kinder damit sogar schon erfolgreich. Dazu gab es bereits Entscheidungen betreffend die Einrichtung eines Kinderzimmers, Kauf von Geschenken und Finanzierung von Urlaubsreisen.

All dies sind Leistungen, die im Rahmen der elterlichen Unterhaltspflicht zu erbringen sind und die die Eltern nicht aus dem Sparguthaben ihrer Kinder bezahlen dürfen.

Das OLG erläutert allerdings, dass sich allein aus dem Namen eines Kontoinhabers nicht ableiten lässt, wem das Geld „gehört“ – dazu sind noch mehrere Indizien auszuwerten. Das OLG hält sogar für möglich, dass jede einzelne Einzahlung geprüft und zugeordnet werden muss. Im Fall ging es vor allem um Spenden.

Bei einer zweckgebundenen Spende verbindet der Spender seine Zuwendung mit der Auflage, diese ausschließlich für einen bestimmten Zweck oder ein bestimmtes Projekt zu verwenden. Auch wenn der Anlass die Leukämieerkrankung des Kindes war, sah das OLG die Spenden als familienbezogen an, weil sie sowohl das Kind als auch deren Eltern unterstützen sollten. Aktuell werde dies anhand von Spenden für die Flutopfer (Flutkatastrophe im Juli 2021) deutlich.

Jedenfalls verlor dieses Kind das Verfahren gegen seine Eltern. Die durch Art. 6 GG gebotene Achtung vor dem elterlichen Erziehungsrecht verbiete eine zu strenge Verwendungskontrolle. Die Eltern haben einen weiten Ermessensspielraum.

Das Kind hätte im Einzelnen darlegen und beweisen müssen, dass ihre Eltern die Spendengelder zweckentfremdet verwendet hätten – dazu waren die Vorwürfe viel zu unkonkret.

Hinweis: Ähnliche Fragestellungen sind oft bei Trennung / Scheidung zu beantworten, wenn ein Elternteil das Sparguthaben von Kindern für sich beansprucht. Die Entscheidung des OLG ist insofern sehr hilfreich, um die zuzuordnen, ob es sich überhaupt um Vermögen des Kindes handelt.

OLG Brandenburg - Beschluss vom 23.07.2021 (9 WF 179/21)


Die OLG Bremen und Frankfurt hatten beide über Fälle zu entscheiden, in denen Eltern Spargeld ihrer Kinder ausgegeben hatten.


Der Fall des OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014 - 4 UF 112/14:

Eltern hatten gemeinsam ihren beiden minderjährigen Kindern je ein Sparbuch angelegt. Die Kinder selbst zahlten darauf etwas ein sowie deren Großeltern. Der Vater hatte Geld abgehoben und argumentiert, davon habe er für seine Kinder Geschenke bzw. Einrichtungsgegenstände gekauft und Urlaubsreisen finanziert. Die Mutter sei mit der Verwendung des Geldes einverstanden gewesen.

Vertreten durch einen Ergänzungspfleger klagen die minderjährigen Kinder nun auf Rückzahlung des Geldes.



Die Entscheidung:

Den Kindern steht ein Schadensersatzanspruch aus § 1664 BGB gegen ihren Vater zu, weil er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung (§§ 1626 Abs. 1, 1642 BGB) verletzt habe. Eltern schulden ihren Kindern einen angemessenen Lebensunterhalt. Urlaube, Kinderzimmer-Möbel und Geschenke gehören dazu und seien nicht von den Kindern selbst zu tragen.

Im vorliegenden Fall haben die Kindeseltern die beiden Sparbücher für die Kinder angelegt, damit auch die Großeltern Einzahlungen vornehmen können. Es handelte sich also nicht nur um eigenes Geld der Eltern. Eine derartige Fallkonstellation spricht für die Annahme eines Vertrages zu Gunsten des Kindes.


Der Fall des OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.05.2015 - 5 UF 53/15:

Hier hatten die Großeltern väterlicherseits anlässlich der Geburt das Sparbuch angelegt und 1.000 € eingezahlt. Der Vater zahlte später mit dem Verwendungszweck "Geburts- und Taufgeld" noch 1.530 € ein.

Nach Trennung der Eltern nahm die Kindesmutter bei ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung das Sparbuch mit und hob den vollen Betrag ab, um für ihre neue Wohnung Einrichtungsgegenstände, wie ein Kinderbett nebst Lattenrost, eine Matratze, einen Kleiderschrank, einen Kinderschreibtisch, Wandregale, Sitzhocker, einen Spielteppich, Renovierungsmaterial für das Kinderzimmer, einen Autokindersitz, Ober- und Unterbekleidung, Schuhe, Socken etc. für das Kind und eine Grundausstattung Spielzeug zu kaufen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie das alleinige Sorgerecht.

Der Vater hat inzwischen das alleinige Sorgerecht.

Das Kind, vertreten durch den Vater, verlangt die komplette Summe zurück.


Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt verweist auf den OLG-Bremen-Fall: Eltern handeln regelmäßig widerrechtlich, wenn sie Sparguthaben ihrer minderjährigen Kinder für Unterhaltszwecke verwenden.

Die Großeltern haben das Sparbuch nicht behalten, sondern es in den Verfügungsbereich des Kindes kommen lassen. Weitere Einzahlungen auf dem Sparbuch wurden auch nicht mehr von den Großeltern getätigt, sondern vom Kindesvater mit dem Vermerk "Geburts- und Taufgeld". Bei derartigen auf den Sparkonten befindlichen Beträgen handelt es sich von vorneherein nicht um eigenes Geld der Einzahler oder der Kindeseltern, sondern es spricht die Annahme für einen Vertrag zu Gunsten Dritter, also des Kindes.

Bei der Abhebung des Guthabenbetrages durch die Mutter handelt es sich um ein pflichtwidriges Verhalten der Kindesmutter.

Einrichtungs- und Bekleidungsgegenstände müssen aus eigenen Mitteln der Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht bezahlt werden.



Mein Fazit:

Mir scheint es eine in Familien übliche Handhabung, dass minderjährige Kinder Sparbücher haben, auf die Geldgeschenke von Verwandten eingezahlt werden, z.B. größere Beträge nach Kommunion oder Konfirmation. Äußern die minderjährigen Kinder später Wünsche, die ihnen die Eltern sonst nicht erfüllen würden (komplette Neueinrichtung des Kinderzimmers, teures Smartphone, besondere Ausrüstung für ein Hobby), so halten Eltern es oft für erzieherisch sinnvoll, dass die Kinder sich daran aus ihrem Sparbuchguthaben beteiligen. Im Licht der beiden o.g. Entscheidungen ist das kritisch, denn es droht die Gefahr des Schadenersatzanspruches. Häufig wird das nach einer Trennung der Eltern thematisiert, möglicherweise aber auch durch das Kind selbst nach Volljährigkeit. Rechtlich wirksamer Schutz dagegen ist schwierig, denn auf eine Vereinbarung mit dem damals geschäftsunfähigen Kind wird man sich nicht berufen können.

Ich kenne Eltern, die monatlich das Kindergeld auf den Namen des Kindes ansparen, um Rücklagen für besondere Bedürfnisse des Kindes zu bilden. Von dieser Handhabung kann ich nach den beiden OLG-Entscheidungen nur abraten. Wollen Eltern für besondere Ausgaben für ihr Kind sparen, so müssen sie dies auf ihren eigenen Namen anlegen. Geldgeschenke Dritter dürfen die Eltern nicht verwenden.



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