Trennungsunterhalt

Trennungsunterhalt

Wie verteilt man das Familienbudget gerecht?

Größter Irrtum: Trennungsunterhalt wird nur im ersten Trennungsjahr geschuldet.Nein.
Auf der Grafik sehen Sie, wie lange: Bis zur Rechtskraft der Scheidung. Deshalb kann es für den Unterhaltsberechtigten Teil der anwaltlichen Taktik sein, diesen Zeitpunkt hinauszuzögern. Zeitablauf ist daher eine wesentliche Komponente in den Verhandlungen.

Wohlhabend?

Wenn Sie über 11.000 € mtl. netto Familieneinkommen haben (ersparte Miete im Eigenheim zählt auch dazu), dann gelten für Sie andere Regeln: bitte aufs Bild klicken. Für Unterhalt in wohlhabenden Familen gilt nämlich die Bedarfsmethode der relativen Sättigungsgrenze.
Alle anderen finden hier in den FAQ ihre Antworten zum Nachscheidungsunterhalt.

Naturalunterhalt fürs Kind wird neuerdings vom Einkommen des betreuenden Elternteiles abgezogen

Beim BGH bahnt sich eine Grundsatzänderung beim Kindesunterhalt an, die Auswirkungen auf die Berechnung des Ttennungsunterhaltes hat, wenn minderjährige Kinder betreut werden. „Einer zahlt, einer betreut“ hieß es bislang ganz grundsätzlich beim Kindesunterhalt, so z.B. in BGH 14.02.2017, XII ZB 190/04, mit wenigen Ausnahmen. Der BGH hat dies bislang zwar nicht explizit aufgegeben, hat aber in mehreren Entscheidungen nun das zusammengerechnete Elterneinkommen zur Grundlage der Bedarfsermittlung der Kinder genommen.

In der Wechselmodellberechnung vom 11.01.2017 (XII ZB 565/15) überraschte das erstmal noch nicht, weil es hier das „einer betreut“ nicht gibt - aber in der Entscheidung zum mietfreien Wohnen der Kinder vom 18.05.2022 (XII ZB 325/20) verdichtete sich der Eindruck, dass der BGH seine Sichtweise auf die Bedarfsermittlung ganz grundsätzlich verändert hat.

Schon in der Elternunterhaltsentscheidung vom 15.02.2017 – XII ZB 201/16 – wurden die Auswirkungen klar: Auch beim betreuenden Elternteil entstehen Kosten für Kinder, die er als Naturalunterhalt leistet, die aber gegenüber den nachrangigen Eltern vom Einkommen abgezogen werden können.

In der Entscheidung zum Trennungsunterhalt bei guten Einkommensverhältnissen vom 29.09.2021 (XII ZB 474/20) zeigte sich, dass die betreuende Mutter mehr Trennungsunterhalt benötigte, weil sie von ihrem eigenen Einkommen auch Kosten des Kindes in ihrem Haushalt deckte.


Berechnet wird das nun wie folgt: Aus dem zusammengerechneten Einkommen erfolgt die Einstufung in die Düsseldorfer Tabelle. Der nicht-betreuende Elternteil muss dennoch für das Kind nur das zahlen, was seiner eigenen Einkommensgruppe entspricht.

Der „Fehlbetrag“ ist also der Naturalunterhalt und wird relevant für die Unterhaltsberechnung zwischen den Ehegatten.

OLG Oldenburg, Hinweisbeschl. v. 16.5.2023 – 3 11 32/23 geht auf zwei konkrete Probleme dieser BGH-Rspr explizit ein und ist nicht überzeugt, dass das so richtig ist.

Wenn man der Annahme folgt, dass sich die Lebensstellung mangels noch nicht gegebener eigenständiger Lebensstellung des minderjährigen Kindes nach den (wechselnden) Lebensverhältnissen der Eltern ableitet, so wird man auch die mit der Trennung der Eltern einhergehenden veränderten Lebensverhältnisse mit zu berücksichtigen haben. Die Trennung der Eltern ist insbesondere von wirtschaftlichen Einbußen der Eltern durch den Wegfall der mit der gemeinsamen Lebensführung verbundenen Synergieeffekte verbunden. Die Führung von zwei getrennten Haushalten erfordert einen deutlichen erhöhten finanziellen Aufwand.

Bei folgerichtiger Anwendung der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfte es daher nach Auffassung des Senats auch einer Anpassung der Düsseldorfer Tabelle.


Ungeachtet dieser grundsätzlichen Erwägungen zum Bedarf, überzeugt die „automatische“ Berücksichtigung des (angeblich geleisteten) restlichen Naturalunterhalts  bei der Ermittlung der Quote beim nachehelichen Unterhalt nicht.


Die „automatische“ Berücksichtigung steht bereits im Widerspruch zu § 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB, wonach der betreuende Elternteil im Regelfall seiner Unterhaltspflicht allein durch die Betreuung nachkommt. Sofern man also die Prämisse aufstellt, dass der betreuende Elternteil über den geleisteten Betreuungsunterhalt in der Regel noch einen Naturalunterhalt leistet, bedürfte es hierfür nach Auffassung des Senats eines konkreten Vortrags entsprechend den üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast für zu berücksichtigenden Belastungen beim Berechtigten wie auch Verpflichteten. Allein die allgemeine Vermutung, der betreuende Elternteil leiste einen Naturalunterhalt, wird sowohl der tatsächlich gelebten Wirklichkeit als auch dem bisherigen System der Berücksichtigung von anzuerkennenden Belastungen nicht gerecht. Danach sind anzuerkennende Belastungen nur dann zu berücksichtigen, wenn auch tatsächlich Zahlungen auf sie geleistet werden. Da es sich beim Naturalunterhalt nicht um die Betreuungsleistung des betreuenden Elternteils handelt, müssen dem Naturalunterhalt „Barleistungen“ des betreuenden Elternteils gegenüberstehen. Kostenlos dürfte es den Naturalunterhalt jedenfalls nicht geben. Anzunehmen ist, dass der betreuende Elternteil die zur Erfüllung des Naturalunterhalts notwendigen sächlichen Mittel erst käuflich erwerben muss. Erst der dadurch für den angemessenen Kindesunterhalt aus dem eigenen Einkommen zusätzlich getragene Aufwand berechtigt dann aber zu einer Anrechnung dieses Aufwandes beim einzusetzenden Einkommen. Die Darlegungs- und Beweislast für den zusätzlichen Aufwand obliegt nach den allgemeinen Regeln der Antragsgegnerin. Erforderlich wäre gleichfalls eine entsprechende Rechtspflicht zu diesen Leistungen, da nach dem bisherigen System im Unterhaltsrecht freiwillige Leistungen das Unterhaltsverhältnis in der Regel unberührt lassen.

Jedenfalls verbietet sich nach Auffassung des Senats vorliegend eine „automatische“ Berücksichtigung des Naturalunterhalts, da die Antragsgegnerin mit ihrem Einkommen nicht nur den angemessenen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern von derzeit 1.650 EUR, sondern auch den notwendigen Selbstbehalt von derzeit 1.370 EUR unterschreitet. Der Selbstbehalt bezeichnet nach der allgemeinen herkömmlichen Definition den Teil des Einkommens, der dem Unterhaltsschuldner für seine eigene Lebensführung zu verbleiben hat. Als Mindestbetrag umfasst er jeweils den laufenden Lebensbedarf i.S.d. § 20 Absatz 1 Satz 1 SGB II, übliche Versicherungen, angemessene Wohnkosten sowie für Erwerbstätige einen weiteren Betrag als Erwerbsanreiz. Im Verhältnis zu ihren Kindern ist die Antragsgegnerin im Hinblick auf den von ihr (angeblich geleisteten) Naturalunterhalt Unterhaltsschuldnerin, so dass die Selbstbehaltsätze auch für sie zur Anwendung kommen. Da der Selbstbehalt der Antragsgegnerin zu wahren ist, ist sie rechtlich nicht verpflichtet, Naturalunterhalt an ihre Kinder zu leisten. Etwaige Leistungen, sofern sie denn von ihr tatsächlich erbracht werden (s.o.), wären als freiwillige Leistungen ihrerseits einzustufen.

Im Ergebnis verbietet sich damit in der vorliegenden Konstellation eine (automatische) Anrechnung von (angeblich geleistetem) Naturalunterhalt im Sinne der Beschwerdeschrift. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass sie tatsächlich einen entsprechenden Naturalunterhalt leistet, zum anderen besteht bereits keine Rechtspflicht zur Leistung des Naturalunterhalts, weil die Antragsgegnerin nach Bereinigung ihres Einkommens bereits den notwendigen Selbstbehalt unterschreitet. Etwaige tatsächliche Leistungen wären demnach als freiwillig einzustufen und damit gleichfalls nicht anzurechnen.



Allerdings hat das OLG Oldenburg Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.





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