Residenzmodell
Alleinerziehenden-Modell, Dominanzmodell, Lebensmittelpunkt
Man darf ihn aber im Einzelfall ruhig kritisch hinterfragen. Unsere belgischen Nachbarn sind von diesem Dogma übrigens gesetzlich abgerückt: Dort ist die "alternierende Beherbergung" die Regel, das Residenzmodell die Ausnahme. Allerdings leben die belgischen Kinder auch schon vorher in der Regel in einem früh ansetzenden Fremdbetreuungssystem mit zwei voll berufstätigen Eltern.
Demgegenüber hat sich die statistisch große Bedeutung des Residenzmodells in Deutschland aus der typischen Rollenverteilung in Deutschland während des Zusammenlebens entwickelt.
Hier ist es nach wie vor die statistische Realität, dass die Mutter während des Zusammenlebens überwiegend für die Alltagssorge zuständig ist.
Bindungsforschung und Kontinuität
Die absolute Gültigkeit des Kontinuitätsprinzips zum Wohl des Kindes, wie es so oft von Juristen vertreten wird, ist allerdings nicht explizit erwiesen. Man vermutet neuerdings sogar, dass ein Kind zu mehr Flexibilität fähig ist als bisher angenommen wurde und dass Diskontinuität die Entwicklung eines Kindes sogar unterstützen kann. So entstanden in letzter Zeit neue Modelle, die als Alternativen zum sogenannten Residenzmodell gelten und die Probleme, die beim Residenzmodell entstehen, lösen wollen (Wechselmodell, Nestmodell).
Auch in der Entwicklungspsychologie ändern sich die wissenschaftlichen Einschätzungen mit der Zeit. Daher finden sich Befürworter und Gegner aller Modelle in beliebiger Zahl mit jeweils guten Argumenten.
Nur wenn es gelingt, auf beiden Seiten die unterschwelligen Motive (Verlustangt, fehlendes Vertrauen in die Elternverantwortung des Anderen, wirtschaftliche Auswirkungen, Bestrafungsbedürfnis, Kontrollbedürfnis u.v.m.) aufzudecken, ist der Blick aufs Kindeswohl überhaupt möglich.
Erfahrungen mit dem Nestmodell
In Familie Müller sind die Rollen eindeutig verteilt. Die Mutter erzieht die drei Kinder im Alltag, der Vater ist in leitender Funktion vollschichtig berufstätig und häufig auf Dienstreisen. Seine Vaterrolle lebt er an Wochenenden aus. Er hat nicht die Möglichkeit oder nicht das Interesse, seine Arbeitszeiten kinderfreundlicher zu gestalten. Bei Trennung setzt das "Residenzmodell" beinahe nahtlos den familiären Alltag fort, wenn die Kinder mit der Mutter im Eigenheim wohnen bleiben und an Wochenenden mit ihrem Vater Freizeit erleben.