Geschenke von Schwiegereltern

Ausgleich im Zugewinn als privilegierter Zuerwerb oder Rückforderung der Schenkung?

Großer Unterschied: Schenkung unter Lebenden oder Erbfall

Zu den schwierigsten Problemen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen im Familienrecht gehören die Ansprüche von Schwiegereltern. Hierbei handelt es sich häufig um den Sachverhalt, dass Eltern / Schwiegereltern die jungen Eheleute beim Kauf oder Bau eines gemeinsamen Hauses unterstützt haben.
Der BGH hat in seiner Rechtsprechung der letzten 15 Jahre einen Wandel vollzogen und stellt solche Schenkungen nicht mehr immer dem privilegierten Zuerwerb im Erbfall gleich.


Verjährung bei Geschenken an Schwiegerkind

Ein häufiger praktischer Fall ist, dass Eltern ihren Kindern anlässlich eines Hausbaus oder zur Hochzeit so viel Geld schenken, wie sie selbst entbehren können. Wird das Kind aber später geschieden, ist oft Streit um diese Schenkung vorprogrammiert, weil der Ehegatte des Kindesbehauptet, „auch“ beschenkt worden zu sein, nämlich mit der Hälfte. Nach der jüngeren BGH-Rechtsprechung werden solche Schwiegereltern-Schenkungen nicht beim ehelichen Zugewinn berücksichtigt, sondern zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern sind Rückforderungsansprüche zu prüfen, weil die Schenkung mit einer Erwartung verbunden war (Fortbestand der Ehe), die sich nicht erfüllt hat.

Problematisch ist dabei aber die Verjährung von drei Jahren.

Im Fall des OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.09.2022 - Aktenzeichen 13 UF 37/22  klagte die Schwiegermutter erst im vierten Jahr nach der Scheidung.


Für die Frage nach dem Fristbeginn war es daher relevant, wann die Schwiegermutter vom Scheitern der Ehe erfahren hatte. Weil sich aus der Akte ergab, wann die Schwiegermutter jedenfalls spätestens vom laufenden Scheidungsverfahren wusste, konnte die Frist zu ihren Ungunsten berechnet werden.



Hinweis: Die dreijährige Verjährungsfrist für Zugewinnansprüche unter Eheleuten beginnt erst bei Rechtskraft der Scheidung, die dreijährige Frist für die Schwiegereltern beginnt aber bereits bei Kenntnis vom Scheitern der Ehe. Dauert ein Scheidungsverfahren also – nicht selten – mehrere Jahre, so können die Ansprüche der Schwiegereltern bereits verloren sein, bevor feststeht, was beim Zugewinn berücksichtigt worden wäre. Eltern, die etwas geschenkt haben, was sich am Ende der Ehe beim Schwiegerkind befindet, dürfen also nicht mit der Geltendmachung zögern.


Änderung seit BGH vom 03.02.2010 und vom 21.07.2010

Gegenüber dem eigenen Kind handelt es sich um eine Schenkung i.S.d. § 516 BGB. Die Zuwendung gegenüber dem Schwiegerkind war nach der früheren Auffassung des BGH (zuletzt 2006) keine Schenkung, denn sie erfolgte nicht uneigennützig zur freien Verfügung des Empfängers, sondern zur Stärkung und Erhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft des eigenen Kindes. Scheiterte die Ehe, so hatte die Zugewinnberechnung zwischen den Gatten Vorrang vor allen anderen Lösungen. Nur wenn die zu keinem angemessenen Ergebnis führte, z.B. weil die Gatten Gütertrennung hatten, konnten Ansprüche der Schwiegereltern bestehen.

Mit seinen Entscheidungen vom 03.02.2010 und vom 21.07.2010 hat der BGH einen Richtungswechsel vorgenommen. Nunmehr sollen Eltern, die ihr Schwiegerkind beschenkt hatten, ein unmittelbares Rückforderungsrecht gegen das Schwiegerkind haben – außerhalb der Auseinandersetzung des ehelichen Zugewinnausgleiches. Die Zuwendungen seien doch eine echte Schenkung i.S.d. § 516 BGB. Auf derartige Schenkungen seien die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar. Unter Umständen sei sogar an Ansprüche aus § 812 Abs.1 Satz 2 2. Alternative BGB zu denken (Bereicherungsrecht, Wegfall der Zweckerreichung).

Der Rückgewähranspruch der Schwiegereltern entsteht schon mit dem Scheitern der Ehe, das ist die endgültige Trennung der Eheleute und damit u.U. ein anderer Stichtag als der, der beim Zugewinnausgleich Bedeutung hat (und außerdem eigener Verjährung unterliegt).

Die Schwiegereltern bekommen jedoch nicht alles zurück.
Zu bemessen ist die Höhe des Rückzahlungsanspruches anhand folgender Gesichtspunkte:
  • Dauer der Ehe von der Zuwendung bis zur Trennung,
  • Höhe der durch die Zuwendung noch vorhandenen Vermögensmehrung,
  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schwiegerkindes und der Schwiegereltern.
Der Rückgewähranspruch ist übrigens bei der Zugewinnberechnung der Eheleute als Position im Soll des Schwiegerkindes einzustellen. Der Zugewinn des Schwiegerkindes wird damit nicht mehr durch die Zuwendung erhöht, so dass die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme – einerseits durch die Schwiegereltern und andererseits durch den Zugewinnausgleich – nicht mehr besteht.

Diese Bewertung ist jedoch völlig unsicher, so dass der BGH sich dazu entschieden hat, das Stichtagsprinzip außer Acht zu lassen und den Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern im Anfangs- und Endvermögen mit dem gleichen Wert ansetzt, ohne Indexierung. Im Ergebnis kann der Anspruch der Schwiegereltern damit im Zugewinn rechnerisch regelmäßig unberücksichtigt bleiben (Ausnahmen: negatives Anfangsvermögens oder Kappungsgrenze nach § 1378 BGB).

Seit der BGH am 3.2.2010 seine Rechtsprechung in Bezug auf die Schwiegereltern-Geschenke geändert hat, konnte er dies an einigen Fallkonstellationen konkretisieren:

BGH, Beschluss vom 26.11.2014 - XII ZB 666/13

a) Schenkungen von Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zur Bedienung eines Immobilienkredits können ihre Geschäftsgrundlage im dauerhaften Wohnen des eigenen Kindes nur im Umfang des Tilgungsanteils haben. Mit dem Zinsanteil werden demgegenüber Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten, welche grundsätzlich nicht zu einer Rückforderung berechtigen.

b) Zum Umfang der für den Rückgewähranspruch zu berücksichtigenden Zweckerreichung wegen der bis zum Scheitern der Ehe erfolgten Nutzung.

Der Fall:

Der Antragsteller ist der frühere Schwiegervater des Antragsgegners. Er begehrt nach Scheitern der Ehe seiner Tochter mit dem Antragsgegner die Rückgewähr von Geldzuwendungen.

Die Ehe wurde 1996 geschlossen. Im selben Jahr erwarben die Ehegatten ein Einfamilienhausgrundstück zu hälftigem Miteigentum und nahmen zur Finanzierung ein Darlehen auf. Der Antragsteller und seine Ehefrau wandten den Ehegatten während der Ehe verschiedene Geldbeträge zu. Unter anderem überwiesen sie von Januar 1997 bis Dezember 2001 monatlich 800 DM und von Januar 2002 bis Juni 2008 monatlich 409 € auf das Girokonto des Antragsgegners.

Der Antragsgegner und die Tochter des Antragstellers (im Folgenden: Tochter) trennten sich im Jahr 2008. Die Ehe wurde durch Urteil vom 9. Februar 2011 rechtskräftig geschieden. Am 16. September 2011 schlossen die Ehegatten eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung. Der Antragsgegner übertrug der Tochter seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück gegen Zahlung von 75.000 € sowie gegen Übernahme der Restverbindlichkeiten. Ferner vereinbarten die Ehegatten, dass etwaige wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche ausgeglichen und erledigt sein sollten.

Der Antragsteller hat - aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau - Zahlung von 32.000,04 € als hälftige Erstattung von geleisteten Zuwendungen geltend gemacht.

Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es hierfür weiterer Feststellungen und tatrichterlicher Beurteilung bedarf.

Das Oberlandesgericht hat den Beteiligten Gelegenheit zum weiteren Vortrag zu geben, in welchem Umfang die Darlehensverbindlichkeiten durch die monatlichen Zahlungen getilgt werden sollten und welcher Anteil auf die Zinsen entfiel. Aus der teilweisen Zweckerreichung ergibt sich nicht notwendig der Betrag der Rückforderung. Die teilweise Zweckerreichung muss nur ersichtlich in die letztlich anhand sämtlicher Umstände umfassend zu treffende Billigkeitsabwägung einfließen. Das Oberlandesgericht wird in diesem Rahmen abschließend zu beurteilen haben, ob der dem Antragsgegner verbliebene Vermögenswert noch eine Größenordnung erreicht, die den Fortbestand der Schenkung für den Antragsteller und seine Ehefrau nicht zuletzt auch im Hinblick auf die beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse unzumutbar erscheinen lässt. In diesem Zusammenhang kann auch das Vorbringen des Antragsgegners Bedeutung erlangen, dass die monatlichen Zuwendungen sich entsprechend früherer Handhabung in einem Rahmen bewegten, in dem auch laufende Wohnkosten angefallen wären (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2013 - XII ZR 132/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 23, 25 für Zuwendungen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft).

Aus den Gründen:
Schwiegerelterliche Zuwendungen erfüllen nach der neueren Rechtsprechung des Senats auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB , wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen. Insbesondere fehlt es nicht an einer Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung (Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 21).

b) Auf schwiegerelterliche Zuwendungen sind jedoch, auch wenn sie als Schenkung zu werten sind, die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB anwendbar (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 25 ff.; vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 Rn. 13 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 21).

aa) Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Ist dies hinsichtlich der Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten (künftigen) Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, der Fall, so bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 26 und vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 jeweils mwN).

Die mit einer Zuwendung verbundene Erwartung, die Schenkung werde dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, ist nur berechtigt, wenn diese entweder gegenständlich oder jedenfalls mit ihrem Gegenwert dazu bestimmt ist, das (Aktiv-)Vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen. Nur dann können die Schwiegereltern erwarten, dass ihr Kind von der Zuwendung dauerhaft profitieren wird. Wenden die Schwiegereltern dem Schwiegerkind dagegen Beträge zur Bestreitung laufender Kosten, insbesondere des täglichen Konsums zu, so verbleibt kein für das eigene Kind nutzbarer Vermögenswert, auch wenn insoweit eine schenkweise Bereicherung des Empfängers eingetreten ist. Erbringen die Schwiegereltern die Zuwendung zur Befreiung von Verbindlichkeiten, so kommt es darauf an, ob und inwiefern die Zuwendung das Vermögen des Empfängers dauerhaft erhöhen soll (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 31).

Die Geschäftsgrundlage einer schwiegerelterlichen Schenkung, dass die Zuwendung auch dem eigenen Kind auf Dauer zugutekommt, fällt jedenfalls dann (teilweise) weg, wenn das eigene Kind nicht im vorgestellten Umfang von der Schenkung profitiert. Falls dies Folge des Scheiterns der Ehe des Kindes mit dem Zuwendungsempfänger ist, ist die Geschäftsgrundlage dementsprechend insoweit entfallen, als die Begünstigung des eigenen Kindes entgegen der Erwartung seiner Eltern vorzeitig endet (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 59 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 29; vgl. auch Senatsurteil vom 7. September 2005 - XII ZR 316/02 - FamRZ 2006, 394 , 395). Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern können dann auch nicht deswegen verneint werden, weil das eigene Kind Miteigentümer der mit der schwiegerelterlichen Zuwendung finanzierten Immobilie ist und diese auch nach der Trennung bewohnt (Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 30).

bb) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt allerdings noch nicht zu einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB . Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB ) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für den Zuwendenden zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 24 zum Unterhalt und vom 19. September 2012 - XII ZR 136/10 - FamRZ 2012, 1789 Rn. 25 zum Ausgleich unbenannter Zuwendungen unter Ehegatten). Ob dies der Fall ist, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden (BGHZ 181, 77 = NJW-RR 2010, 960 Rn. 72; Senatsurteil BGHZ 165, 1 = FamRZ 2006, 607 , 609; vgl. auch zur früheren Rechtslage Senatsurteile BGHZ 142, 137 = FamRZ 1999, 1580 , 1583 und BGHZ 127, 48 = FamRZ 1994, 1167 , 1168).

Im Falle einer Schwiegerelternschenkung führt das Scheitern der Ehe von Kind und Schwiegerkind daher auch dann, wenn der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, nicht automatisch, sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung.

Hierbei sind insbesondere die Kriterien heranzuziehen, die auch nach der Senatsrechtsprechung zu unbenannten schwiegerelterlichen Zuwendungen zugrunde zu legen waren; lediglich güterrechtlichen Aspekten kommt allerdings keine Bedeutung mehr zu (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 58 und vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 28). Neben der Ehedauer sind dabei unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung, aber auch mit der Schenkung verbundene Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung (vgl. hierzu etwa Senatsurteile vom 7. September 2005 - XII ZR 316/02 FamRZ 2006, 394 , 395 ff.; vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ 1999, 365 , 366 f. und vom 4. Februar 1998 - XII ZR 160/96 - FamRZ 1998, 669 , 670; Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 6. Aufl. Rn. 562 ff. mwN).

cc) Liegen die genannten Voraussetzungen vor und hat der Zuwendende einen Anspruch auf Vertragsanpassung, so hat diese unter Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen (Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 58 mwN).

Insbesondere ist die Höhe der durch die Zuwendung bedingten, beim Empfänger noch vorhandenen Vermögensmehrung zu berücksichtigen. Der Anpassungs- und Rückforderungsanspruch setzt grundsätzlich eine beim Wegfall der Geschäftsgrundlage noch vorhandene, messbare Vermögensmehrung voraus, die zugleich den Anspruch nach oben begrenzt (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 Rn. 31).

In welchem Umfang in dem vorgegebenen Rahmen eine Vertragsanpassung und Herausgabe geschuldet ist, wird ferner davon beeinflusst, inwiefern sich die zur Geschäftsgrundlage gewordenen Vorstellungen der zuwendenden Schwiegereltern verwirklicht haben (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 59 und vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ 1999, 365 , 367 jeweils mwN). Hierbei ist darauf abzustellen, was die Schwiegereltern für den Empfänger insoweit erkennbar nach Treu und Glauben erwarten durften. Dagegen lässt sich - insbesondere bei Immobilien - ohne konkrete Anhaltspunkte keine allgemeine zeitliche Grenze angeben, mit der die vorgestellte Nutzungsdauer abgelaufen ist. Daher verbietet sich die Annahme des Oberlandesgerichts, die Nutzung der angeschafften Immobilie sei ohne weiteres schon dann als hinreichend zu betrachten, wenn eine Ehedauer von 20 Jahren erreicht ist oder wenn die Enkel volljährig geworden sind (wie das Oberlandesgericht auch OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 161 und OLG Frankfurt Beschluss vom 4. Juni 2012 - 6 UF 12/12 - [...]; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 7 Rn. 231; Büte FuR 2011, 664, 665). Das würde voraussetzen, dass die Schwiegereltern von vornherein die Vorstellung hätten, dass ihr Kind lediglich für eine begrenzte Dauer von der Zuwendung profitieren und eine zugewendete - oder eine ersatzweise angeschaffte andere - Immobilie etwa nach Auszug der Enkelkinder nicht mehr bewohnen werde. Mangels entsprechender konkreter Anhaltspunkte fehlt einer solchen Annahme die Grundlage. Für sie kann insbesondere nicht die Lebenserfahrung angeführt werden. Die nach Auffassung der Rechtsbeschwerde gebotene Orientierung an der für die Schenkungsrückforderung gemäß § 528 BGB geltenden Frist von zehn Jahren (§ 529 Abs. 1 BGB ) ist erst recht nicht gerechtfertigt. Die § 528 BGB zugrunde liegende Fallkonstellation ist mit der vorliegenden bereits deshalb nicht vergleichbar, weil im Fall des § 528 BGB mit der Schenkung keine bestimmten Erwartungen im Hinblick auf die künftige Verwendung des Geschenks verbunden sind.

BGH, Beschluss vom 26.11.2014 - XII ZB 666/13


BGH, Beschluss vom 03.12.2014 - XII ZB 181/13

a) Im Falle einer Schwiegerelternschenkung führt das Scheitern der Ehe von Kind und Schwiegerkind auch dann, wenn der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, nicht automatisch, sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung.

b) Zu den Voraussetzungen des Anspruchs der Schwiegereltern auf dingliche Rückgewähr des dem Schwiegerkind geschenkten Grundeigentums bei Störung der Geschäftsgrundlage.

c) Ein Rückgewähranspruch, der Schwiegereltern bei Störung der Geschäftsgrundlage zustehen kann, ist kein familienrechtlicher Anspruch im Sinne der Vorschrift des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung.

d) Die Verjährung der gemäß § 313 Abs. 1 BGB erfolgenden Vertragsanpassung einer Grundstücksschenkung von Schwiegereltern richtet sich nach § 196 BGB.

BGH: XII. Senat entscheidet anders als der X. Senat

Bei der Auswertung der älteren BGH-Rechtsprechung ist übrigens zu berücksichtigen, dass der X. Senat und der XII. Senat unterschiedliche Lösungsansätze verfolgt haben. Der X. Senat war früher für „Schwiegerelternschenkungen“ bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften zuständig und ist für seine Entscheidung BGH Urt. v. 18.6.2019 – X ZR 107/16 - in der Literatur kritisiert worden. Mit der Rechtsprechung des XII. Senats in Fällen von Schwiegerelternschenkungen unter Verheirateten kollidierte dies. Nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes ist der XII. Zivilsenat des BGH inzwischen für beide Fallgruppen zuständig.


OLG Bremen 2015 zur Rückforderung

Das OLG Bremen hatte im August 2015 einen solchen Fall im Rahmen einer VKH-Entscheidung auf dem Tisch.
Die Leitsätze der Entscheidung:

1. Für die Feststellung des Leistungsempfängers einer Geldzuwendung der Schwiegereltern sind - bei Fehlen genauer Angaben - die Angaben auf dem Überweisungsträger, die Art und die Zweckbestimmung des Empfängerkontos sowie der vorgesehene Verwendungszweck ausschlaggebend.

2. Ehebezogene Schenkungen der Schwiegereltern können nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erfolgreich zurückverlangt werden, wenn die nach Scheitern der Ehe zwischen Kind und Schwiegerkind bestehende Vermögenslage für die schenkenden Schwiegereltern unzumutbar ist.

3. Der im Rahmen des §  313   BGB  vorzunehmende Abschlag wegen teilweiser Zweckerreichung ist nach der sog. Eheerwartung des Schenkers zu bemessen. Angesichts der auf Lebenszeit eingegangenen Ehe wird sich diese Erwartung regelmäßig an der statistischen Lebenserwartung der Ehepartner im Zeitpunkt der Zuwendung orientieren.

Aus den Gründen:
(…) War das Geld für gemeinsame Anschaffungen bzw. den Erwerb oder Ausbau einer im Miteigentum der Ehegatten stehenden Immobilie bestimmt, spricht dies dafür, dass das Geld beiden Ehegatten zugewandt werden sollte. (…) Es war somit in jedem Schenkungsfalle klar, dass mit den vom Antragsteller überwiesenen Beträgen bei bestimmungsgemäßem Verhalten der Leistungsempfänger Kreditbelastungen beider Ehegatten und somit nicht nur der Tochter allein zurückgeführt werden würden. Dies spricht nach Auffassung des Senats deutlich dafür, dass auch der Antragsgegner als Leistungsempfänger jeweils zu 50 % an den Geldschenkungen des Antragstellers partizipieren sollte. (…) Eben für diese Annahme spricht auch, dass der Antragsteller seinem Schwiegersohn für dessen geschäftliche Aktivitäten unstreitig mindestens 30.000 € hat zukommen lassen. Dies spricht dafür, dass das Verhältnis zwischen den Verfahrensbeteiligten vor dem Scheitern der Ehe zwischen dem Antragsgegner und der Tochter des Antragstellers so gut war, dass der Antragsteller seinen Schwiegersohn finanziell ohne weiteres unterstützt hat. (…) Die Auffassung des Antragsgegners, es liege eine so genannte Kettenschenkung vor, also der Antragsteller habe zunächst die jeweiligen Beträge nur seiner Tochter geschenkt, die sodann durch die Rückführung der gemeinsamen Darlehen der Eheleute dem Antragsgegner ehebezogene Zuwendungen gemacht habe, folgt der Senat nicht. (…)

Zur Höhe:

Der vom Amtsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung beschrittene Weg, auf dem auch die Berechnung des Antragstellers beruht, nämlich bei einer Fortdauer der Ehe zwischen Kind und Schwiegerkind von 20 Jahren nach erfolgter Zuwendung eine vollständigen Zweckerreichung anzunehmen und somit bei kürzerer Ehedauer nach Zuwendung verhältnismäßige Abschläge vom zugewandten Betrag zu machen, ist vom BGH in seiner Entscheidung vom 26.11.2014  abgelehnt worden. Der Senat favorisiert die von Wever vorgeschlagene Lösung, wonach sich der Abschlag für teilweise Zweckerreichung danach bemisst, in welchem Verhältnis die Dauer nach der Zuwendung bis zum Scheitern der Ehe zur angenommenen Gesamtdauer der Ehe im Zeitpunkt der Zuwendung, der so genannten Eheerwartung, steht. Dieser Vorschlag ist anderen Berechnungsmodellen deshalb vorzuziehen, weil er an die Erwartung des Zuwendenden im Zeitpunkt der Zuwendung anknüpft, die in aller Regel dahin geht, dass die Ehe, die er mit seiner Zuwendung begünstigen will, lebenslang Bestand haben wird. Aus diesem Grund muss die Eheerwartung an die Lebenserwartung beider Ehegatten im Zeitpunkt der Zuwendung anknüpfen. Die Lebenserwartung lässt sich Sterbetafeln entnehmen. (…) Weiteres Abwägungskriterien im Rahmen des §  313  Abs.  1   BGB  ist die Höhe der bei Wegfall der Geschäftsgrundlage, also dem Scheitern der Ehe Mitte 2012, noch vorhandenen messbaren Vermögensmehrung. Diese stellt die Obergrenze des Erstattungsanspruches dar (BGH, FamRZ 2012, 273).

OLG Bremen, Beschluss vom 17.08.2015 - Aktenzeichen 4 UF 52/15

Das Ergebnis war in diesem Fall:

Die Beteiligten haben sich in der dem Beschluss nachfolgenden mündlichen Verhandlung, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer erst im Termin vorgetragenen wirtschaftlichen Verhältnisse, auf die Rückzahlung der Hälfte des Betrages verglichen.

Achtung, Schwiegereltern: Verjährungsfalle!

Nun möchten sich die meisten Eltern / Schwiegereltern wahrscheinlich nicht in den Rosenkrieg des Kindes einmischen, sondern erstmal abwarten, bis die Scheidung durch ist.
Das kann eine böse Falle sein, denn wenn viel streitig zu klären ist, kann so ein Scheidungsverfahren ein paar Jahre dauern.
Parallel dazu läuft aber gegen die Schwiegereltern eine dreijährige Verjährungsfrist (nur bei Grundstücksübertragung zehn Jahre). Und diese beginnt schon mit dem Scheitern der Ehe! Das ist spätestens mit der Zustellung des Scheidungsantrags. Ein früherer Verjährungsbeginn (Zeitpunkt der endgültigen Trennung und Kenntnis der Schwiegereltern hiervon) erscheint sogar denkbar.
Die Schwiegereltern sind also gut beraten, ihre etwaigen Ansprüche möglichst früh geltend zu machen.

BGH v. 16.12.2015 - XII ZB 516/14

OLG Oldenburg 14.10.2020

Das OLG Oldenburg unterscheidet bei den Schwiegereltern-Schenkungen danach, ob es ein Familienheim oder eine Rendite-Immobilie war.

Bei einer zur Selbstnutzung geschenkten Immobilie bestehe ein direkter Zusammenhang mit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so dass unter Umständen beim Scheitern der Ehe eine Rückforderung in Frage kommt.               
Im Fall des OLG Oldenburg aber sei die Immobilie als Renditeobjekt geschenkt und genutzt worden. Die Klägerin habe daher nicht damit rechnen können, dass die Immobilie langfristig für die Lebens- und Beziehungsgestaltung der Ehegatten genutzt werde. Hinzu komme, dass Motiv für die Schenkung nicht nur die Ehe der Tochter, sondern auch die Ersparnis weiteren Ärgers mit den Mietern und der Renovierungsaufwendungen gewesen sei.     
Es könne daher nicht festgestellt werden, dass allein der Fortbestand der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Übertragung gewesen sei. Eine Rückforderung komme daher nicht in Betracht.

 

OLG Oldenburg - 11 UF 100/20 - Beschluss vom 14.10.2020

Besprechung Herr in FF 2021, 276 ff. mit Rechtsprechungsübersicht, auch zu ehebezogenen Zuwendungen

 


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